
Wieland Giebel im Lindentunnel, 1999
Im Lindentunnel ein Museum zur Geschichte Berlins einrichten: ich hatte die Nutzungsoption des Senats, Pläne, einen Investor, der in einem Letter of Intend zwölf Millionen DM zugesagt hatte, einen Architekten – dann kam Peter Strieder (SPD) als neuer Senator: „Von mir aus können Sie von Klemann (CDU) eine Option haben. Ich lasse Sie aber keinen Eingang bauen.“ Da war ich gefickt.
Wenn man eine Idee hat, die sich zu einem Plan entwickelt und der Plan sich zu einem Projekt mit Partnern entwickelt, wenn man dann die Zusage des Senats in der Hand hält – das ist ein Glücksgefühl.
Zusage des Bausenators vom 22. Oktober 1999, dass ich das Projekt in Angriff nehmen kann, im Tunnel Unter den Linden ein Museum zur Geschichte Berlins zu bauen.
Am 25. November 1999 kam dann die Zusage des Investors Mediapolis aus Italien.
Rainer Stache schrieb dazu in der Berliner Morgenpost vom 19. Juni 2000
Geschichtsunterricht – tief unter den »Linden«
Spannendes Projekt für den verwaisten Lindentunnel: Italienisches Unternehmen will Berlinmuseum gestalten – Bauantrag jetzt eingereicht
Unter Unter den Linden kommt einiges in Bewegung. Während dort mit dem Verlegen der Fernwärmeleitungen unverdrossen die Kanzler-U-Bahn-Linie vorbereitet wird, soll nun auch bald in den stillgelegten Straßenbahntunnel unter dem Forum Fridericianum neues Leben einziehen: Der italienische Projektentwickler Mediapolis, der auch die italienische Botschaft in Berlin rekonstruiert, will mit zwölf Millionen Mark dort eine Ausstellung zur Geschichte Berlins einrichten. Initiator und treibende Kraft der Neunutzung des Lindentunnels ist Wieland Giebel. Der Betreiber des gerade umgezogenen Berlin-Buchladens „Berlin Story“ (jetzt Unter den Linden 10) sorgte schon mit einigen Berlin-Projekten für Aufsehen; unter anderem bewirkte er die berlinfreundliche Umgestaltung des S-Bahnhofs am Brandenburger Tor. Nun ist er im Besitz der noch vom ehemaligen Bausenator Jürgen Klemann erteilten Option, den gesamten 193 Meter langen Tunnel zu einem Berlinmuseum umzubauen. Noch in diesem Monat wird der Bauantrag eingereicht.
»Die hohe Dichte an Geschichte, wie sie Berlin auszeichnet, kann nirgends so gut reflektiert werden wie hier«, ist sich Giebel sicher. Schließlich kontrastiere das technische Meisterwerk des Tunnels perfekt mit der historischen Bebauung an der Erdoberfläche. Mit einer modernen Ausstellungspräsentation wäre sogar eine dritte Zeitebene präsent.
Darum will sich Matthias Goebel von Mediapolis, einem Unternehmen, das in Italien Projekte im dreistelligen Millionen-Mark-Bereich betreut, kümmern. »Wir stellen uns mit Leinwänden bespannte Wände vor, auf denen moderne Projektionsverfahren die Vergangenheit lebendig werden lassen.« Insgesamt stehen 2000 Quadratmeter nutzbare Fläche zur Verfügung. Allerdings behält sich Giebel hier die künstlerische Oberleitung vor; das letzte Wort ist in der Frage der richtigen Präsentation noch nicht gesprochen.
Dafür ist auch noch Zeit, wenn die Baugenehmigung vorliegt. Schwierigkeiten könnte da nicht nur der mittlerweile erfolgte Wechsel im Amt des Bausenators bringen, sondern auch die Idee, Ein- und Ausgänge mit gläsernen Pyramiden sichtbar zu machen. »Die Pyramiden wären ideale Pendants zur gläsernen Erweiterung des Zeughauses durch den Architekten I.M. Pei«, erläutert Giebel. Assoziationen zur berühmten Louvre-Pyramide drängen sich ganz automatisch auf. Eine der Pyramiden stünde etwas zurückgesetzt neben der Neuen Wache. Eine andere erhöbe sich neben dem Operncafé auf der kleinen Grünfläche, wo einst die Standbilder der preußischen Generäle standen.
Sollte es hier aber Widerstand geben, sind auch zurückhaltendere Varianten denkbar. Am Operncafé könnte beispielsweise der freigelegte Festungsgraben als Zugang genutzt und dabei gleich zum ersten Ausstellungsstück umfunktioniert werden. »Mitgenutzt« werden könne auch die Stasi-Horchposten, die im Tunnel enthalten sind. Weil sich der Tunnel unterirdisch teilt und der zweite Strang zu Bebelplatz führt, könnte ein dritter Eingang direkt in die dort geplante Tiefgarage führen.
Giebel will den Eintrittspreis bei fünf Mark deckeln. Der auf der alten Tunnelrampe geschaffene Platz des 18. März soll gleich in einem Arbeitsgang mit der Humboldt-Universität und dem Gorki-Theater mit einem Café belebt werden.
In meinem ersten Paper klang das so: „Unterirdische Welten üben eine ungeheure Neugier und Faszination aus. Der Lindentunnel um so mehr, als er völlig unerwartet und der Öffentlichkeit nahezu unbekannt mitten unter dem Friedrich II., Schlüter und Schinkel geprägten Teil Berlins liegt. Die Überraschung ist so groß, daß alle Besucher des zur Zeit ungenutzten Tunnels ihn mehrmals abschreiten und den Geist des Ortes in sich aufsaugen …
Gerade weil der Tunnel direkt unter dem Herzen des klassizistischen Berlin liegt, eröffnet er die Möglichkeit, an diesem abgeschiedenen Ort das zu reflektieren, was parallel dazu auf der Erdoberfläche passiert. Das Gefühl, sich mittenmang in einer eigenen Welt zu befinden, blendet jede Ablenkung aus und fördert die Konzentration. Die Ruhe des Tunnels bietet das ideale Spannungsfeld zur pulsierenden Stadt.
Praktisch gesehen bietet dieses technische Bauwerk mit großer, durchgehender Fläche günstigste Voraussetzungen für den Ausstellungsbau, für den Gang durch die Geschichte Berlins. Die Wirkung entfaltet sich ganz anders als in einem oberirdischem Gebäude, das quasi wie natürlich an diesen Platz gehört.
Der Abstieg in den Tunnel hat nicht nur die symbolischen Bedeutung, aus der tatsächlichen Welt zu entschwinden, sie hinter oder über sich zu lassen, er öffnet gleichzeitig eine neue, ungeahnte Welt. Dies ist nicht als mystische oder esoterische Beschreibung zu sehen. Es ist das Gefühl, das Besucher immer wieder in Worte zu fassen suchen. Wie beim Besuch jeder originären archäologischen Stätte verbindet sich der Abstieg wie selbstverständlich mit einem Zeitsprung. Der Besucher betritt eine andere historische Schicht und ist sich dessen ganz von alleine bewußt.
Diesen Zeitsprung nutzt die Ausstellung. Sie befaßt sich zunächst mit dem Tunnel selbst, gibt dann einen multivisuell gestalteten Gang durch die Geschichte Berlins als durchgehende Erzählung, um anschließend die einzelnen Ereignisse vertiefend darstellen zu können.“
Der Tunnel bietet eine Nutzfläche von 1800 Quadratmetern. Die Raumlänge beträgt 46,5 m x 12 m, 90 m x6 m, 62 m x 6 m. Am Eingang wäre eine Fläche von 12 x 6 benötigt worden.
Vom Plan zum Projekt, vom Projekt zu den Partnern. Das war mein Plan, aber dann kamen die Profis …
Und dies sind jetzt einige wenige Seiten der Präsentation …
Zwei Ordner und zwei Stehordner. Das ist, was davon blieb. Deswegen sind meine Regale so voll …