
Foto: Zwölf Ukrainerinnen und Ukrainer erläutern in ausführlichen Interviews in Berlin Story Bunker mit mir, wie es ihnen, ihren Freunden und der Familie geht. In dieser Montage „The Future of Ukraine“ geht es um die Zukunft der Ukraine.
Frieden um jeden Preis? Wie viel Territorium würden sie an Russland abgeben? Was sind mögliche Zukunftsszenarien? Darüber haben wir mit UkrainerInnen gesprochen und die aktuellen Interviews zu einem spannenden 30-minütigen Video verdichtet. Zitate aus diesem Video finden Sie ganz unten. Das Video kann ohne Nachfrage verlinkt werden. Info wäre super.
Frieden um jeden Preis? Wie viel Territorium würden sie an Russland abgeben? Was sind mögliche Zukunftsszenarien? Darüber haben wir mit UkrainerInnen gesprochen und die aktuellen (Ende Januar 2025) Interviews zu einem dichten, spannenden 30-minütigen Film verdichtet. Das Video (deutsch – englisch – ukrainisch) kann verlinkt und auch eingebunden werden, sofern die Urheberschaft erhalten bleibt. Die zwölf vollständigen Interviews zwischen einer halben und einer Stunde erscheinen demnächst.
Zitate aus „The Future of Ukraine“ in der Reihenfolge der Fotos. Diese zwölf Meinungen sind nicht repräsentativ, aber sie sind authentisch – und deutlich unterschiedlich. Marichka Lukianchuk hat die Interviews bearbeitet.
Anna Mrachkovska (22) „Wir leben unter dem Eindruck, das Leben kann in jedem Moment zu Ende sein. Wir als Ukrainer verteidigen unser Land, unsere Sprache, unsere Tradition, unsere Kultur. Deswegen können wir uns als Patrioten sehen. Wir verteidigen unser Selbstbestimmungsrecht. Vergessen wir nicht das Budapester Memorandum, als wir unsere Nuklearwaffen abgegeben haben.“
Andriy Neretin (36 ) „Die Menschen sind müde. Das ist ganz natürlich, sie wollen Friedensverhandlungen. Aber wenn man ihnen die Frage stellt, welche Bedingungen es geben sollte, sind sie nicht bereit,Territorium abzugeben. Es ist ihr Zuhause. Wir sehen, was in den besetzten Gebieten mit den Menschen passiert, nämlich Dinge, die man nicht einmal einem Menschen antun würde, den man hasst.“
Anastasiia Pasichnyk (25) „Wir verlieren viel unserer Freunde. Junge, brillante Menschen, das Genie einer ganzen Generation. Meine Eltern haben in Charkiw gesehen, wie die Stadt allmählich leer wurde. Ihr glückliches Leben war vorbei. Die Wirtschaft brach zusammen. Sie denken heute viel über Geld nach. Der Vater ist nicht mehr zu Hause. Es gibt kein normales Familienleben mehr. Und sie wollen nicht darüber reden. Es ist eine Qual für sie.“
Oksana Hrudska (44) „Jeder Krieg endet nur, wenn sich beide Seiten an einen Tisch setzen und reden. Ich hoffe, dass das bald passieren wird. Aber ich bin mir nicht sicher.“
Lina Petrenko (40): „Die Russen sind nicht die Menschen, die sich friedlich zurückziehen. Und die Ukrainer sind nicht die Menschen, die einfach aufgeben. Wir geben nicht auf, und wir werden nicht aufgeben!“
Maryna Palii (35): „Natürlich will ich, dass die Ukraine so bleibt, wie ich es in der Schule gelernt habe. Aber seien wir realistisch: Wahrscheinlich werden sie uns das nicht zurückgeben. Es ist sehr schwer, etwas zu verlieren. Zu welchem Preis sollten wir es zurückholen? Es gibt keine Garantie, dass ein Friedensabkommen Bestand hat, dass die andere Seite ihre Verpflichtungen einhält. Sie können zustimmen – und dann dennoch tun was sie wollen.“
Grygorii Palii (46): „Es gibt die Militärs, die sagen, wir schaffen das nicht – leider. Es gibt aber auch die anderen Militärs, die weitermachen wollen, die motiviert sind. Es gibt Leute, die wollen zurück in ihre Häuser – obgleich von ihren Häusern nicht viel geblieben ist. Wir haben jetzt die größte Armee Europas, etwa eine Million Leute. Aber es sind nicht einfach eine Million Menschen, es sind eine Million Geschichten, eine Million Familien, die damit verbunden sind. In einer modernen Welt. Aber die Regeln aus alten Zeiten bestehen immer noch, dass der Stärkere Recht hat.“
Zhenia Perutska (34) „Ja, die Leute wollen Friedensverhandlungen. Aber das hat nichts mit der Realität zu tun. Russland will nicht. Der Feind ist nicht genug geschwächt. Wir waren Teil des Sowjetsystems. Wir kennen ihre Logik des Denkens und Handelns. Russland wird uns nichts freiwillig an uns zurückgeben. Sie haben das Land schon in ihre Verfassung aufgenommen. Ich glaube, das beste Szenario ist, dass der Krieg weitergeht … und trotzdem können wir ihn verlieren. Aber wir müssen gewinnen, um zu überleben.“
Vladyslava Vorobiova (21): „Dieser Krieg ist ein Vernichtungskrieg. Sie wollen die ukrainische Sprache, Geschichte und Kultur vernichten. Wir brauchen Waffen! Diese ganzen Waffen wurden nur eingesetzt, um uns zu verteidigen. Ich will nicht, dass meine Generation immer wieder mit dem Krieg mit Russland konfrontiert wird. Wenn der Krieg eingefroren würde, hätte Russland Zeit, noch mehr Munition zu produzieren. Noch mehr Länder könnten sich mit den Russen verbünden und auf uns losgehen. Der Dritte Weltkrieg bricht nicht aus, wenn wir Russland keine Möglichkeit dazu geben.“
Iryna Tkachivska (34): „Was wir abgeben können? Ich würde sagen: nichts! Welchen Teil würden denn Deutschland abgeben, wenn es von Russland überfallen würde? Das steht gar nicht zur Diskussion. Die Ukraine muss weiter so bleiben, wie es 1991 bestimmt wurde. Ich glaube an keine Friedensgespräche mit Russland. Ich würde gerne glauben, dass es ein Resultat gibt, aber es wird nicht so sein.“
Kateryna Derdiuk (26): „Was meine Freunde von der Front berichten ist gruselig. Desertationen? Ja, die gibt es. Aber ich kenne auch Menschen, die hier in Berlin in Sicherheit waren und die freiwillig an die Front gegangen sind. Das Interessante ist, das waren alles Frauen oder nicht-binäre Menschen. Ich finde es sehr stark, dass es immer noch Menschen gibt, die bereit sind zu kämpfen. Sie würden nie aufgeben und sagen ’Wir sind Russen’. Niemand, den ich kenne, würde das zulassen. Lieber weiterkämpfen.“
Valentyna Saliukhina (30): „Natürlich wünsche ich mir, dass der Krieg sofort aufhört. Aber gleichzeitig, nach diesen drei Jahren den Zerstörungen, physisch und mental, die unsere Nation überlebt hat, können wir einfach akzeptieren, dass wir verloren haben? Das widerspricht so unserer Natur, unserem tiefsten Glauben. Die Akzeptanz dieser Bedingungen würde bedeuten, sich selbst völlig zu verlieren, seine Identität. Und genau dafür kämpfen wir ja in diesem Krieg.“