Interview Valentyna – geflohen aus dem Donbass, geflohen aus Kyiv – jetzt in Berlin

Die erste Flucht von Valentyna  Saliukhina (30) war 2014. Sie floh im dritten Studienjahr aus Donezk im Donbass nach Kyiv. Die Russen kamen. Den Teil der Familie, der geblieben war, hat sie nie wieder gesehen. Ab und zu schaut sie auf Google Earth nach, was der russische General, der ihr Haus und ihren Garten „gekauft“ hatte, aus ihnen gemacht hat. 2022, als die Russen Kyiv angriffen, floh sie mit ihrer Mutter, ihrer Cousine, deren Tochter sowie drei Katzen im Auto nach Portugal. Dort gab es Verwandte. Ihr Leben schien in eine Abwärtsspirale geraten zu sein. Sie malt, kommt nach Berlin, stellt aus, fasst Fuß.

Auf der Suche nach ihren Wurzeln erfährt sie, wie ihre Familie schon zur russischen Zarenzeit gelitten hat, im Bürgerkrieg, während der Kollektivierung, im Holodomor. Vorfahren kamen in Lagern um oder wurden erschossen. Und heute, in ihrer Generation, geht es weiter.

Damals im Donbass hatte sie das Gefühl, nicht genug für ihr Land gekämpft zu haben. Jetzt ist es ein Dauerthema in der ukrainischen Diaspora, wie sie dazu beitragen können, dass ihr Land eine bessere Zukunft hat. Die Ukraine hat so viele Menschen verloren, durch Krieg und Flucht.

Sie erzählt, wie sie den Ausbruch des Krieges erlebt hat und dass sie sich nicht vorstellen konnte, dass es noch drei Jahre so weitergehen würde. Ihr Professor, bei dem Valentyna ihre Doktorarbeit schreiben will, ist an der Front und hat seinen Kommandeur gebeten, Zugang zu Star-Link zu bekommen, damit er seine Studenten betreuen kann. Wie kann man diese beiden Leben parallel führen?

„Natürlich wünsche ich mir, dass der Krieg sofort endet. Aber wir können nicht akzeptieren, was wir verlieren sollen. Putins Bedingungen zu akzeptieren bedeutet, sich selbst zu verlieren, seine Identität. Und genau darum kämpfen wir gerade.“

Interview Wieland Giebel, Februar 2025