Iwan über den ersten Tag des Kriegs: „Das war eigentlich voll witzig.“

Der erste Tag des Kriegs? „Das war eigentlich voll witzig.“ Ivan erzählt. Er ist heute elf Jahre alt, war damals also acht. Er verdreht die Augen. „Meine Mutter wollte unbedingt, dass ich in die Schule gehe, obwohl meine Großmutter angerufen hatte, dass der Krieg losging. Aber weil sie so viel Fake-News sah, hat meine Mutter das nicht geglaubt. Es war aber gar keine Schule mehr.“

Eigentlich wollte seine Mutter, dass er zur Schule geht, aber auch im Gruppenchat hieß es, es gäbe keinen Unterricht mehr. Sie konnte es nicht glauben – keine Schule. „Ich hätte nicht gedacht, dass das mit dem Krieg möglich ist. Wir lernen Russisch … Ich bin mit meiner Mutter abends zu meinen Großeltern gefahren und mein Papa ist gleich zur Armee gegangen.“ Er konnte immer mit ihm telefonieren oder texten. Später war er bei seinen Großeltern auf dem Land in einem Bunker. „Es war langweilig, dunkel – und es hat gestunken!“ Als seine Mutter auch dort den ersten Hubschrauber sah, ging es über Krakau nach Deutschland. Zwei Tage bei Freunden des Vaters, dann immer wieder Umzug und lange Fahrten mit der Straßenbahn zur Schule. „Jetzt sind wir im Wohnheim. Wenn ich keine Schule hätte, könnten wir überall eine Wohnung haben.“ (Kurz nach dem Interview wurde eine Wohnung für die Familie mit fünf Kindern gefunden). Erst die Willkommensklasse, dann die Regelklasse. Sein Schülerpate in der Schule war ein Jude, einer aus Israel. Die Eltern des anderen kamen aus Japan, aber er war schon hier geboren. Iwans Perspektive ist es, in Deutschland zu bleiben: Hier ist es nicht so gefährlich „und wenn man zum Beispiel aus einem anderen Land kommt, ist es nicht so schlimm, hier gibt es keinen Rassismus“.