Katerynas Eltern: Wir müssen mit Dir besprechen, was ist, wenn wir getötet werden

Wir hatten nur ein längeres Gespräch. Das war schockierend für mich. Meine Eltern haben mir erklärt, was ich tun soll, wenn sie getötet werden. Ich war 23. Kateryna erinnert sich an den ersten Tag des Krieges. Sie war in Berlin. Es war sonst kaum möglich, mit ihnen zu sprechen, weil sie extrem leise waren, damit sie niemand hörte. Sie schliefen in ihren Klamotten, denn überall in der Ukraine gab es noch russische Diversanten. Diversant, das ist ein Begriff aus dem kommunistischen Sprachgebrauch, eine Person, die als feindlicher Agent, Saboteur oder Störer tätig ist und möglicherweise Menschen tötet. Meine Tante aus der kleinen Stadt Hostomel nördlich von Kyiv wollte nicht zu meinen Eltern aufs Land. Sie wollte ihrem Kater nicht so einen Stress machen und dachte, dass die Russen nicht so schnell kommen würden. 

Bei dieser Tante in Hostomel gingen die Russen in einem 18 Stockwerke hohem Haus von Wohnung zu Wohnung, nahmen den Leuten ihre Handys weg, machten sie kaputt, damit sie kein Signal erzeugten und auf dem Radar unsichtbar waren. Dann wurden alle Bewohner in den Keller gesperrt. Wir hatten keinen Kontakt zu ihr und wussten nicht, ob sie noch lebt. Jemand hat sich aus dem Keller heraus gestohlen, ein Radio aus einem Schrottauto ausgebaut – und dadurch haben sie von den Evakuierungen erfahren. Als sie schließlich halb verhungert und bei minus zwanzig Grad fliehen konnte, steckte sie sich einen Zettel mit Namen und Geburtsdatum in den Schuh, damit man sie identifizieren könnte. Den Kater musste sie zurücklassen. Als sie nach einem Monat zurückkam, hat sie ihn gerufen und er ist einfach wieder aufgetaucht.

Wie sie geflohen sind? Das ist eine unvorstellbare Geschichte. Das Fluchtauto sah bereits vor der Flucht so aus:

Ich frage mich ehrlich gesagt, wie dieses Auto überhaupt noch fahren konnte, mit dem meine Tante aus Hostomel auf ihrer Flucht herausgekommen ist.

Die Menschen in der Ukraine, auch meine Familie und meine Freunde, sind sehr müde und wollen nicht mehr Krieg haben. Aber sie sagen: Lieber weiter kämpfen als Russland sein! Mit Trump weiß man immer noch nicht, was passiert. Ich hoffe, dass es aufhört und die Menschen nicht mehr leiden müssen, aber gleichzeitig will ich nicht, dass der Krieg einfach pausiert und dass es sich in der Zukunft wiederholt. Aber Ukrainerinnen werden nicht zu allen Bedingungen ja sagen. Wenn es aufhört, muss es für immer aufhören!