Grygorii Palii – Es gibt keine wirklich gute Lösung für die Ukraine

Grygorii Palii (46 Jahre alt)

„Wie, es ist Krieg? Ich schlafe noch!“ Er dreht sich um und schläft erst einmal weiter.

Grygorii Palii berichtet vom Beginn des Krieges

Mein Vater wurde 1940 in die sowjetische Armee eingezogen. Er hat erst spät Russisch gelernt. Bei uns zu Hause sprachen alle Ukrainisch. Ich wurde 2015 mobilisiert und war später Reservist. 2021 gab es zwar diese Gespräche, in denen davon die Rede war, dass die Russen sich darauf vorbereiteten, uns anzugreifen. Ich konnte mir das nicht recht vorstellen, denn die Bindungen zu Russland waren trotz des Maidan und des Kriegs 2014 noch sehr eng. Es gab doch gar keine Notwendigkeit für diesen Krieg!
Ich war Sportjournalist. Nach der Olympiade feierten wir mit unserem Kollektiv eine kleine Party. Plötzlich rief mich ein Journalist aus Kolumbien an und fragte, was bei uns los sei. Ich hatte zuletzt während der Corona-Pandemie mit ihm zu tun. Das war der, der mich aufweckte. Dann rief mich einer aus Amerikaner an und sagte, wir sollten stark und mutig sein, er sei in Gedanken bei uns. Da wurde ich wach.
Maryna, seine Frau, war mit dem dritten Kind im fünften Monat schwanger. Sie ging am ersten Tag des Krieges erst noch zur Arbeit zum Sender, aber dann entschieden sie, dass sie zu ihrer Mutter fahren sollten. Später, als sich der Krieg intensivierte, fuhren sie nach Deutschland. Eine schwere Entscheidung, tausend Kilometer weiter weg. Als der dritte Sohn in Deutschland geboren wurde, war ich noch an der Front. Im Oktober 2022 kam Maryna mit den drei Kindern in die Ukraine und sagte: „Entweder du lässt dich demobilisieren, was mit drei Kindern möglich ist, oder ich bleibe in der Ukraine.” So kam ich nach Berlin. Nach vielen erfolglosen Bewerbungen mache ich jetzt mit drei anderen Ukrainern von Berlin aus eine ukrainischsprachige Radiosendung.
Ich habe mit Militärs gesprochen. Einige sagen, das können wir nicht schaffen, leider. Andere sind motiviert. Es gibt keine gute Lösung. Alle Lösungen sind schlimm für uns. Die ukrainisch-russische Grenze ist sehr lang. (Sie ist insgesamt 2 295 km lang. Davon entfallen 1 974 km auf die Landgrenze und 321 km auf die Seegrenze).
Unser Präsident hat gesagt, wir hätten jetzt die größte Armee Europas mit einer Million Soldaten. Aber es geht auch um die ganzen Familien. Wir leben nicht im Mittelalter, sondern in einer modernen Welt. Aber die Regel, dass der Stärkere Recht hat, gilt immer noch.