Kurdistan – Reise nach Halabdscha. Genozid an den Kurden

Austrian ist Lufthansa. Man kann über das Drehkreuz Wien fliegen oder auch mehrmals täglich über Istanbul, einmal in der Woche in vier Stunden auch direkt von Berlin nach Erbil mit Iraqi.
Das wilde Kurdistan. So hat es sich Karl May vorgestellt, so ist es auch, aber nur in wenigen Bereichen, nämlich an der nördlichen Grenze zur Türkei und auch im Osten Richtung Iran.

Im Berlin Story Bunker hört die Erzählung über die Verbrechen des Dritten Reichs damit auf, dass Magda Goebbels ihre sechs Kinder ermordet, denn ein gütiger Gott werde verstehen, dass die Zeit danach nichts für sie sei. Dann folgt im Bunker aber noch eine Tafel über Völkermorde nach dem Holocaust, nachdem alle Welt versprochen hatte „Nie wieder.“ Dazu gehört der Mord durch Giftgas an den Kurden im Norden des Irak, in Halabdscha. Saddam Hussein wollte sie ausrotten. Meine Fahrt hat die Gedenkstätte dieses Genozids als Ziel.

Was sind das für rätselhafte, esoterische Kreise auf den Feldern? Stonehenge in Kurdistan? Die Bewässerungsanlagen fahren im Kreis, beim Vergrößern erkennt man das.
Kurzer Lehrgang: Wie schütze ich einen Flughafen? Total einfach. Verabschiedung, greet and kiss sowie Check In sind einen Kilometer vom Flughafen entfernt. Da wird auch das Gepäck aufgegeben. Dann fahren nur die bereits kontrollierten Fluggäste zum eigentlichen Abflug. Et vice versa.
Wohnungsbau in der Nähe des Flughafens. Als ich 2007 zum ersten Mal in Kurdistan war, hatte Erbil 800.000 Einwohner. Heute sind es 2 Millionen, also 250 Prozent mehr. Jeder hat eine meist erschwingliche Wohnung. In Asien war ich immer gerne in solchen Hochhäusern. Unten gibt es einen Concierge, heute hauptsächlich, um Amazon anzunehmen, wobei es manche geben könnte, die das als soziale Kontrolle sehen. Schadet nicht unbedingt.
Das hat mir Heyam früher gelegentlich mit auf die Arbeit gebracht – so toll. Hier kann man das Chubz mit Rosmarin, Thymian und Sesam überall kaufen.
Frittierte Spieße.
Tee in der Nähe der Zitadelle.
Vor dem Basar. Da es tagsüber gelegentlich mehr als 40 Grad im Schatten ist, spielt sich viel in den Abendstunden ab.
Zwischen Basar und (im Hintergrund rechts) Zitadelle.

Die Stadtverwaltung hat dafür gesorgt, dass viele Parks gebaut werden.

Samstag, 17. September 2022

Frühstück im ältesten Café Erbils. Frauen mit und ohne Kopftuch. Junge Kurdinnen sind selten mit Kopftuch zu sehen.
Man sagt nur, für wie viele Personen. Dann kommen Frühstück und Tee.
Blick vom Café auf den Platz, auf dem sich am Vorabend die Menschen tummelten.
Erbils Zitadelle gilt als eine der ältesten der Welt. Laut UNESCO ist sie einer der ältesten durchgängig bewohnten Orte der Welt. Die frühesten Spuren einer Besiedlung reichen bis ins 5. Jahrtausend vor Christus, möglicherweise noch früher. Also seit 8.000 Jahren wohnen hier ständig Menschen. Momentan wird die Zitadelle allerdings museal umgebaut.
Bei meinem ersten Besuch hatte ich das Teppichmuseum besucht, aber es gab auf der Zitadelle auch mehrere kleine Autowerkstätten und Schuppen jeder Art, in denen etwas gebastelt wurde.
Jetzt wird die Zitadelle richtig schick gemacht, in einen ursprünglichen Zustand versetzt.
Wie bei anderen Rekonstruktionen, zum Beispiel am Berliner Schloss: alte Handwerkstechniken leben auf und können gepflegt werden.
Die Gelder der UNESCO tragen wesentlich zur Rekonstruktion bei.
Basar oder Einkaufszentrum? Beides besteht weiterhin nebeneinander, beide können leben.

Es scheint auch nichts so, dass Einkaufszentren und Basar nach Jung und Alt getrennt wären, oder nach (den wenigen) Touristen und Einheimischen. Korek ist das allgegenwärtige Handynetz.

Hier geht es um das neue iPhone.
Ja, super, aber so viel Joggen kann man gar nicht, wie hier Kalorien drin sind.
Zahnbürsten, also ein deutlich umfangreiches Angebot als in der Metro, bei Aldi oder im Kaufhof.

 

Sonntag, 18. September 2022

Montag, 19. September 2022

Der Bahnhof von Erbil. Da hält kein Zug mehr. ABER man konnte nach dem Ersten Weltkrieg von Anhalter Bahnhof dort hin fahren. Das macht ihn Interessent. Es war eine Reise mit der Bagdadbahn in den exotischen Vorderen Orient, über Aleppo und wenn man wollte weiter bis nach Basra am Persischen Golf.
Zwar sind die meisten Rundbögen zugemauert, aber man in die Innenräume. Vandalismus gibt es eigentlich nicht. Nur weniges ist kaputt.
Unter den Rundbögen ist sogar die Decke gut erhalten. Was könnte man damit alles machen …
Die Bahnhofshalle und hinten eine Tür zu den Toiletten.
Vom Park aus wirkt der ehemalige Bahnhof noch idyllischer.
Fahrt nach Halabdscha.
Nach Halabdscha von Erbil in der Mitte der autonomen Region Kurdistan in den Südosten an die Grenze zum Iran und auch an die Grenze zum arabischen, von Bagdad aus regiertem Irak. Vier Stunden, also da wohl ist lange keiner von Google vorbeigekommen. Im Norden sieht man die Grenze zur Türkei mit dem Grenzübergang Zaxo. Dohuk ist kurdisch, Mossul arabisch. Mossul wurde 204 vom „Islamischen Staat“ erobert und wurde Mitte 2016 bis Mitte 2017 von den kurdischen Peschmerga-Streitkräften mit der US-Koalition zurückerobert.
Schafe. Teilweise kommt man an Aufforstungsprojekten vorbei.
In der Raststätte gibt es Fleisch, aber auch solche Tomaten- und Gemüsesuppe. Salat soll man ja nicht, weil der in Wasser gewaschen wurde, das wir, im Gegensatz zu Einheimischen, nicht unbedingt vertragen.
Große Flächen sind mit Gewächshäusern überzogen.
Praktisch im Hotel: Wo ist hier eigentlich Mekka?
Frühstück.

 

Dienstag, 20. September 2022, Halabdscha Genozid Memorial

Das ist der Anlass meiner Reise, der Besuch der Gedenkstätte an den Mord, den Genozid an den Kurden am 16. März 1988 gegen Ende des Ersten Golfkriegs, als der irakischen Diktator Saddam Hussein 5000 Menschen durch Giftgas umbringen ließ. Auch 30 Jahre nach dem Giftgasangriff wird aus Halabdscha berichtet, dass viele Opfer an den Spätfolgen leiden, unter anderem an Hautkrebs, Augenkrankheiten, Atemproblemen, Unfruchtbarkeit, Missbildungen, Nervenschäden und psychischen Problemen. Etwa 7000 bis 10.000 Menschen erlitten Verletzungen und teils dauerhafte Gesundheitsschäden. Wesentliche Lieferanten der Giftgas-Rohstoffe waren deutsche Unternehmen, geschätzte sechzig Prozent. Von den zehn deutschen Angeklagten wurden nur drei verurteilt, und zwar zu weniger als zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Halabja Monument, der Erinnerungsort mit Ausstellung und Dokumentation.
Enno Lenze, Chef des Berlin Story Bunkers, berichtete bei seinen Besuchen in Kurdistan mehrmals über Halabdja, über die Opfer und die Täter.
Unter den Opfern befanden sich viele draußen spielende Kinder, die dem Giftgas schutzlos ausgesetzt waren.
Denkmal für die Kriegsberichterstatter – das einzige der Welt. Erst durch die Fotos der Kriegsberichterstatter wurde die Öffentlichkeit alarmiert. Zu den ersten Fotografen, die das Geschehen dokumentierten, zählen der spätere Pulitzer-Preis-Träger Kaveh Golestan, der schon den Angriff der Kampfflugzeuge in einiger Entfernung miterlebte,[15] und der türkische Fotograf Ramazan Öztürk.[16] Iranische Behörden flogen am 21. März 1988 mit dem Hubschrauber westliche Journalisten nach Halabdscha, um die Weltöffentlichkeit zu informieren. Die Journalisten filmten und fotografierten. Teile des Videomaterials wurden in einem 35-minütigen Film über den Giftgasangriff verwendet, den Vertreter der Vereinten Nationen im Iran am 30. März Journalisten vorführten.
Auf dem Freigelände vor dem Mahnmal sind die Waffen der Angreifer ausgestellt.
Der vergleichbare Giftgasangriff auf Sardasht, eine iranische Stadt, der 9 Monate vor dem Angriff auf Halabdscha stattgefunden hatte, fand erst als Folge der Aufdeckung des Giftgasangriffs auf Halabdscha ein Medienecho. Weitere 40 Angriffe mit Giftgas auf kurdische Orte und Städte zwischen Februar und September 1988, wie nördlich von Sulaimaniyya (29. Februar 1988) sowie nahe Sardasht und Marivan (22. März 1988, 31 Tote, 450 Verletzte) fanden geringeres mediales Echo.

Im ersten Teil der Gedenkstätte wird mit Fotos an das kulturelle Leben der Kurden erinnert: Tanz, Musik, Bildung und politische Aktivitäten.

 

Grausame Aufnahmen der durch Giftgas ermordeten Menschen, der spielenden Kinder und Jugendlichen, der Hirten – schließlich der mit Kalk bestreuten Leichen, die zunächst nur in Massengräbern bestattet werden konnten.

 

Historische Rekonstruktion: Um das Geschehen des Jahres 1988 auch für Kinder erfahrbar zu machen, wurden die Szenen nachbestellt. Draußen treffe ich den Direktor der Gedenkstätte: „Voriges Jahr war ich in Berlin auf einer Tagung. Die Erinnerungskultur Deutschlands ist für uns ein Vorbild, die Vielfältigkeit und Intensität der Auseinandersetzung.“