Der Panzer vor der russischen Botschaft

Gedanken nach der Aktion mit dem russischen Schrottpanzer

NAFO Fella vor dem Brandenburger Tor auf dem russischen Panzerwrack. Grafik Fabienne Schmit

Es ist ein überwältigender Erfolg – und ich bin ganz traurig. Die ganze Welt hat gesehen, wie wir uns gegen den russischen Überfall stellen, aber nur Waffen werden entscheiden. Nur das Schlachtfeld zählt. Unser Ziel ist erreicht, den Ukrainerinnen und Ukrainern den Rücken zu stärken im Kampf gegen die russische Invasion. Weit über unsere Vorstellungen hinaus berichteten die Medien weltweit über den zerstörten russischen Panzer. Der Panzer stellt eine Allegorie auf die kommende Niederlage Russlands dar. Er steht einerseits vor dem Brandenburger Tor, dem Symbol der deutschen Einheit, der Freiheit überhaupt, gleichzeitig vor der russischen Botschaft, dem Wahrzeichen des Bösen. Traurig bin ich, weil wir nicht viel mehr helfen können, allerdings vom Bunker aus laufend Schutzwesten, Helmen und medizinischem Material in die Ukraine bringen sowie die erste Ausstellung über ukrainische Memes gestaltet haben, also witzige Antikriegspropaganda von unten – im Bunker dauerhaft zu sehen.

Ich habe es mit offenen Augen kommen sehen und wollte nicht glauben, dass es passiert. Mein gesellschaftliches Engagement gilt mein Leben lang Krieg und Frieden: mit 21 Jahren als Bundesgeschäftsführer der Kriegsdienstverweigerer, damals eine bedeutende Organisation. Dann im Krieg in Nordirland, später in Israel, Syrien, Kurdistan und lange in Ruanda. Die ganzen Bücher im Berlin Story Verlag im Geist der Aufklärung, gegen den Nationalsozialismus – alles für die Katz? Die Dokumentation „Hitler – wie konnte es geschehen“ im Berlin Story Bunker mit 350.000 Besuchern im Jahr, die sich eigentlich gegen Hitler und den Nationalsozialmus richtet, aber über die Besucher heute sagen: Was wir jetzt mit Putin erleben, ist wie aus dem Handbuch der Diktatoren. Manchen sagen, Putin sei wie Hitler ohne Holocaust. Über diese Parallele sprechen alle Besucher.

„Nie wieder?“ – von wegen.

 

Update 21. März 2023: Von diesem Panzer aus wurden in der Ukraine an der Autobahm Zivilisten ermordet. Hier eine Dokumenation dazu. Enno Lenze hatte diesen am 31. März 2022 während der Schlacht um Kyiv zerstörten Panzer bereits am 29. April 2022 selbst gesehen und beschrieben. Auf seinem Video ist im Hintergrund die Tankstelle zu sehen, die später in dem Video vorkommt, in dem ein Ukrainer aus dem Auto steigt und von  einem russischen Panzer aus erschossen wird:

Und hier in einem ausführlichen 7-Minuten-Video von Kurdistan 24 am Ort der Zerstörung genau des Panzers, der dann vor der russischen Botschaft in Berlin stand.

Bild
Der Panzer vor seiner Zerstörung an der Autobahn auf der Lauer – so, wie hier weiter unten die Ermordung von Zivilisten aus dem Panzer heraus an dieser Stelle gezeigt wird.

ENDE des Updates vom 21. März 2023

Inzwischen haben wir einerseits durch die Recherche von ONYX mehr erfahren, andererseits dadurch, dass Enno Lenze sein Material vom April 2022 genauer durchgesehen hat. ONYX kümmert sich seit dem ersten Tag des Krieges um eine exakte Bestandsaufnahme der zerstörten Fahrzeuge und Panzer – nur der nachgewiesenen.

Ich beschreibe in diesem Beitrag, wie es zu der Aktion mit dem in der Ukraine zerstörten russischen Panzer vor der Botschaft Moskaus in Berlin kam und was sie für mich bedeutet.

 

1. Die erfolgreiche Aktion

11 Uhr am 24. Februar 2023, ein Jahr nach dem Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine. Die Pressekonferenz beginnt. Wir stehen zu Dritt auf dem Panzer – genau so, dass im Hintergrund der Turm der russischen Botschaft mit der wehenden Flagge zu sehen ist. Ich habe zwar im Juni 2022 den Antrag gestellt, diesen demilitarisierten Panzer als politisches Kunstwerk aufstellen zu dürfen, aber die Aktion war nur im Team zu dritt möglich, zusammen mit Enno Lenze (links) vom Berlin Story Bunker und dem Rechtsanwalt Patrick Heinemann, der sich uns angeschlossen, pro bono gearbeitet und die Sache gerichtlich durchgesetzt hat. Nur durch diese enge Zusammenarbeit wurde es möglich, den Panzer am Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine aufzustellen, dem Tag, der weltweit die größte Aufmerksamkeit versprach.

 

Passanten und Medienvertreter stehen vor einem in der Ukraine zerstörten russischen Panzer. Der zerstörte Panzer steht vor der russischen Botschaft in Berlin (links). Auf dem Panzer stehen während der Pressekonferenz Dr. Patrick Heinemann, Rechtsanwalt, Wieland Giebel und am Mikro Enno Lenze. [dpa_picture_alliance_396875590]
Die gesamte Pressekonferenz hat REUTERS 35 Minuten live übertragen. Mit Vorspann und einigen ersten individuellen Interviews, geredet haben wir viel kürzer. Ukraine supporters plan to dump a Soviet-made T-72 tank destroyed near Kyiv in the early days of the war outside the Russian embassy in Berlin in a ‘show of solidarity for Ukrainians.’

Einzelinterviews. Deutsch, englisch, Hauptsache kurz und auf den Punkt. Die Journalisten verhielten sich sehr diszipliniert. Wirklich erfreulich. Inzwischen hatte die Polizei die Straße dicht gemacht, weil der Andrang so groß war. Von Freitagmorgen bis Montagabend regelte die Polizei alles flexibel, entgegenkommend, hilfreich.

Wieland Giebel: „Dieser kaputte Panzer steht hier als Symbol des Untergangs. Das Regime wird untergehen, in die Hölle. So wie das Dritte Reich untergegangen ist. Wer solche Kriegsverbrechen begeht, wird das nicht überleben. Putin ist ein Schlächter. Er wird scheitert. Die Ukraine ist Putins Stalingrad

Hier in dieser Botschaft sitzen die Kriegsverbrecher. Keiner von der Botschaft hat sich gegen den Krieg gestellt. Und genau hier gegenüber, wo der Panzer steht, sind die Büros des Geheimdienstes, der für den russischen Auftragsmord im Tiergarten verantwortlich ist. Staatsterrorismus.

Die ganze Welt soll sehen, dass viele Bürger in Deutschland fest hinter der Ukraine stehen. Deswegen stellen wir den Russen ihren Schrottpanzer vor die Tür. Slava Ukraini.

Aber schon als ich um acht Uhr morgens ankomme, steht CNN vor dem Panzer und wartet auf mich. Die Bilder gehen um die ganze Welt. Das CNN-Team in Kyiv freut sich, Enno zu sehen. Mit ihm hat Fred Pleitgen viel gemacht. Aber auch dpa-Video steht so früh morgens und ohne Absprache bereit, macht ein Interview und versorgt die Welt mit Bildern. Der Panzer ist erst in den Morgenstunden angekommen. Wir haben ihn in Empfang genommen, das kommt weiter unten. Die Kälte, es ist um null Grad, hält mich wach.

Es folgen noch mehr als zwei Stunden lang die Einzelinterviews. Die Pressekonferenz selbst haben wir sehr kurz gehalten, weil wir wissen, dass alle Sender etwas Exklusives haben müssen.
Mittags kommt der ukrainische Botschafter Makejew direkt vom Bundespräsidenten zu uns – mit der Sängerin Birdie, der heldenhaften Verteidigerin von Azovstal.

Links neben dem Botschafter steht Birdie, die Sängerin mit den roten Haaren. Sie hat als Soldatin Azovstal verteidigt, kam in russische Gefangenschaft und wurde nach vier Monaten ausgetauscht.

 

Birdie singt in Azovstal, sie ist mit den letzten Kämpfern dort

Ein mutiger Botschafter. Er kommt direkt vom Empfang des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue und steht vor der Botschaft des Feindes, ohne Bodyguards, ohne irgendeinen Schutz.
Und natürlich weiß der Medienprofi Botschafter Oleksii Makeiev, wie das vor dem Panzer wirken soll.
Ich freue mich sehr über die Anerkennung unserer gemeinsamen Aktion.

 

Tagesthemen, eher ein Symbolbild, denn nahezu alle Nachrichtenbeiträge der deutschen und europäischen Sender begannen mit dem Panzer vor der Botschaft.

 

Abends ist das Bild noch eindrucksvoller. Als ich mir im Juni 2022 während der Antragstellung diesen Ort genau ansah, habe ich mir das so vorgestellt: Unter der Laterne, die ganze Nacht bestrahlt.  Es war damals wohl eher so eine Art positive Autosuggestion oder self-fulfilling prophecy. Hat geklappt, wie so oft.

 

Der Spott gegenüber den Russen ließ nicht lange auf sich warten.

Das ist plakativ. Die Boulevardpresse unterstützt uns ebenso wie die Blätter, die sich „Qualitätszeitungen“ nennen. Nahezu alle Passanten in den nächsten Tagen kennen die ganze lange Vorgeschichte.

Die B.Z.-Ankündigung am 23. Februar 2023

 

Die B.Z, mit zahlreichen Stimmen von Passanten am 25. Februar 2023.

 

Und ähnlich ebenfalls von Hildburg Bruns der Bericht in BILD.
Der Berliner Kurier berichtet auch am 25. Februar ausführlich.

 

Die Rheinpfalz, auch eigentlich wieder ein Symbolbild, denn es gab kaum eine deutsche Zeitung, die nicht so aufgemacht hat.

Am wichtigsten sind uns die ukrainischen Medien. Unsere Aktion wird intensiv wahrgenommen. Der ukrainische Fernsehsender 1 & 1 berichtet mehrmals vom Panzer und macht ein langes Interview mit dem Botschafter.

Allmählich erhalten wir über Google die Nachricht, wie breit die Berichterstattung ist. Nico aus Griechenland, der früher im Bunker gearbeitet hat, schreibt: „Ihr seid auf ALLEN griechischen Zeitungen auf der Titelseite“. Den UkrainerInnen dadurch den Rücken stärken, das ist unser Ziel. Die Welt denk an Euch, die Welt hält zu Euch, die Welt will Euren Sieg.

 

Pro-ukrainische Demonstration am Brandenburger Tor
Mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen und Kundgebungen wurde in Berlin ein Jahr nach dem 10.000 Menschen demonstrieren für Solidarität Zum Jahrestag des russischen Angriffskrieges haben am Freitag Tausende Menschen in Berlin für Solidarität mit der Ukraine demonstriert. Vor der Botschaft Russlands steht ein ausgebrannter russischer Panzer als „Symbol des Untergangs“.– epd

People across the world gather to mark war anniversary – The Washington Post
… the Russians‘ scrap tank in front of their door,” said Wieland Giebel of the Berlin Story group, who was one of the exhibit’s organizers.

War Protest, Activists Display Tank Wreckage Outside Russian Embassy

Подбитый российский танк у посольства РФ в Германии
24 февраля 2023 г.

24 февраля, через год после вторжения России в Украину, во множестве немецких городов, в том числе в Берлине, прошли различные мероприятия в знак солидарности с Украиной и акции протеста против развязанной Путиным войны.

Und hier der zweite Bericht von Nikita Jolkver:


Ebenfalls für die Deutsche Welle berichtet die Reporterin Natalia Smolentceva:

Der SPIEGEL bringt am 28.Februar 2023 einen ausführlichen Beitrag
Mahnmal gegen den Krieg
Panzerwrack vor russischer Botschaft in Berlin abtransportiert
Seit dem Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine stand in Berlin ein zerstörter russischer Panzer vom Typ T-72.

Das zum Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine aufgestellte Panzerwrack vor der Botschaft Russlands in Berlin ist wieder abtransportiert worden. Das teilte die Polizei in der Nacht zu Dienstag mit.

Der russische Panzer vom Typ T-72 hatte bis Montagabend vor der Botschaft am Boulevard Unter den Linden gestanden und sollte als Mahnmal gegen den Krieg dienen. Ausgerichtet war das Wrack quer auf dem Mittelstreifen der großen Straße, die Kanone zeigte auf die Botschaft.Laut den Initiatoren der Aktion war der Panzer am 31. März 2022 beim Angriff der russischen Armee auf Kiew auf eine Mine gefahren und durch die Explosion zerstört worden. Vermutlich seien Soldaten darin gestorben. Sie hätten zu einem Panzerverband gehört, der weit im Osten Russlands stationiert gewesen sei. Das Militärhistorische Museum des ukrainischen Verteidigungsministeriums habe den Panzer ausgeliehen und auch den Transport unterstützt, hieß es. Der Panzer sollte den Initiatoren zufolge als Nächstes in den Niederlanden ausgestellt werden.

Wielandu Giebeliu taucht auch in Estland auf:

Rusų tanką į Berlyną atgabenęs aktyvistas: kažkas ten nešė kibirus raudonų gėlių, parduotuvėje tiek nenusipirksi

Jau ketvirtą dieną Lietuvoje ir kitur Europoje nerimsta įtampa ir konfliktai tarp prorusiškų veikėjų, dedančių gėles prie sunaikintų rusų tankų, ir prieš Rusijos agresiją pasisakančių žmonių. Ne per seniausiai Vokietijoje įvyko ir kraštutinės kairės partijos organizuota demonstracija, nukreipta prieš ginklų tiekimą Ukrainai.

Den Schrott vor die Tür stellen

Ob russischer Panzer vor russischer Botschaft oder Widerstand von Punks gegen die Volkspolizei: Der anarchistische Impuls ist meist politisch richtig.

Vier Tage lang steht ein in der Ukraine zerstörter russischer T-72-Panzer vor der russischen Botschaft in Berlin, bevor er nun in die Niederlande gebracht wird. Das Wrack soll den russischen „Untergang“ symbolisieren, heißt es. Dabei gestaltete sich der Weg von Kiew nach Berlin äußerst schwierig.

Vier junge Leute halten sich die ukrainische Flagge vor den Körper und posieren vor einem zerstörten russischen Panzer, der vor der russischen Botschaft in Berlin steht

Dieser russische Panzer sollte Kiyiv erorbern, wurde aber durch eine Panzerabwehrmine zerstört Foto: Fabrizio Bensch/reuters

Erst kam der Winter zurück, dann kam der Panzer. Das abrupte Sinken der Temperatur in der Nacht wäre auszuhalten gewesen. Es ist Winter in Berlin. Man nimmt ihn hin, wie jedes Jahr. Das Problem war der Regen und der beißende Wind, die sich dazugesellten, als ich am Freitagvormittag auf dem Weg ins Büro einen Schlenker Richtung russische Botschaft machte.

Bis zuletzt hatte ich leisen Zweifel gehegt, ob er wirklich da sein würde, der Panzer. Es handelt sich um ein Exemplar des Modells T-72 B1, noch zu Sowjetzeiten, im Jahr 1985 hergestellt. In den ersten Kriegstagen bei der Schlacht um Kyiv war das Kriegsgerät der Invasoren nahe dem Dorf Dmytrivka durch eine Panzerabwehrmine zerstört worden.

Ulrich Gutmair in der taz vom 28. Februar 2023

Diese Beispiel mit Berichten der internationalen Medien lassen sich fast beliebig fortführen.

Stadtführer stellen ihr Programm sofort um: ein aktuelles Thema.

 

2. Der Weg von den Raketensilos zum Brandenburger Tor

Aber wie kam der Panzer eigentlich vom Museum mit den Raketensilos aus dem Kalten Krieg, dem Museum of Strategic rocket forces aus Perwomais, einem kleinen Ort zweichen Kyiv und Odessa, zum Brandenburger Tor? Die Silos der ehemaligen Langstrecken-Atomraketen lassen Besucher erschauern.

Sie vermitteln heute noch, wie heiß der Kalte Krieg war, wie hoch gerüstet sich die Atommächte gegenüberstanden. Die Ukraine war Teil der Sowjetunion.

1568 Kilometer, sagt Google. Knapp 18 Stunden? Aber nicht mit einem Panzer, der nur nachts fahren darf und der an der Grenze nach Polen erneut äußerst gründlich auf Demilitarisierung untersucht wird.
Ministry of Defence, MoD, das ukrainische Verteidigungsministerium hat dafür gesorgt, dass der Panzer zur Verfügung gestellt wird. Wir danken den Mitarbeitern. ganz besonders Dir, Y.
Einen Panzerschrottplatz hat nicht jeder. Hier im National Museum of Military History of Ukraine landet, was nicht mehr zusammengebastelt wird. Russland ist weiterhin der größte Panzerlieferant der Ukraine.

In der ukrainischen Botschaft in Berlin war A. unsere Ansprechpartnerin, auch abends, auch am Wochenende, immer – und mit guten Kontakten zur Beschleunigung. Danke, liebe A.

Im Sommer erhielten wir dieses Foto vom Panzer.
Enno Lenze auf dem Panzerfriedhof. Dieser Panzer wurde am 31. März 2022 bei der Schlacht um Kyiv am Rande des Dorfes Dmytrivka, neben Bucha, von Soldaten der Ukraine zerstört, vermutlich durch eine HPD F2 Mine. Dmytrivka ist quasi ein Vorort von Kyiv, man kann die Skyline schon sehen. Der Panzer nahm aktiv an den Kämpfen teil, was durch eine Reihe von Einschusslöchern aus Waffen unterschiedlichen Kalibers belegt wird. Insbesondere wurde die Schutzplatte des Wärmebildgeräts “Sosna-U” zerschnitten. Am linken Übergang des Turms und an der Seite gibt es eine Reihe von Treffern aus Handfeuerwaffen. Die Einheit (37. Guards Motor Rifle Brigade) kommt aus Ulan-Ude nahe der Mongolei, mehr als 6.300 Kilometer von Kyiv entfernt.  In der Ukraine verloren sie in kurzer Zeit die Hälfte ihrer Soldaten und Fahrzeuge. Nationale Minderheiten in der russischen Föderation wurden auf dem Weg an die Front immer privilegiert behandelt. Die Oberhäupter der Regionen standen und stehen in hartem Wetbewerb, ihre Mobilisierungsquote überzuerfüllen. Damit sichern sie sich Ansehen in der  Nomenklatura und sicher vor allem ihre eigenen Privilegien. Wie Fürsten gegenüber dem Zar. Dieser T-72B ist 3,46 Meter breit, 2,23 Meter hoch und 6,90 Meter lang, mit Kanone 9,53 Meter und wiegt 44 Tonnen.

 

Saukalt. Enno fuhr in aller Herrgottsfrühe in Kyiv ab. Das Museum liegt ganz schön im Abseits. Die Raketensilos der Interkontinentalraketen oder englisch Intercontinental Ballistic Missile, ICBM, lagen versteckt auf dem Land.

Enno Lenze untersucht den Panzer genau, dokumentiert und gibt Anweisungen zur vollständigen Demilitarisierung. Ein Team von Demilitariserern nimmt sich dann den Panzer vor:

 

Mit diesen von unserem Team gebohrten Löchern in der Kanone würde sie beim Schießen auseinanderfliegen.

 

Wenige Tage bevor der Panzer für den Transport aufgeladen wurde, besucht Enno Lenze den Panzerfriedhof in Perwomaisk nochmals und nimmt am 2. Februar 2023 dieses Video auf:

Der Panzer wurde in den allerletzten Tagen der Schlacht um Kyiv am 31. März 2023 in der Nähe des Schytomir Highways am Rand des Dorfes Dmytrivka kampfunschädlich gemacht. Er wurde wurde von ukrainischen Soldaten zu Beginn der russischen Invasion auf dem Weg nach Kyiv zerstört. Unmittelbar danach, am Tag, als sich die Russen Anfang April 2022 zurückzogen, war Enno Lenze auf dem Weg nach Bucha und Kyiv – sein Bericht über hundert Kilometer Kriegsverbrechen.

 

Frontal/ZDF berichtet darüber, wie in unmittelbarer Nähe und zu diesem Zeitpunkt, am 7. März 2022, ein russischer Panzer (rot markiert) zivilen Fahrzeugen auflauert. Die Menschen in Autos, die vor dem Krieg flüchten wollen, sehen den Panzer plötzlich. Sie wollen umdrehen.
Der Mann, den wir hier mit erhobenen Armen sehen, wird vom Panzer aus erschossen. Das sind Kriegsverbrechen. Aufgenommen von einer Drohne. Achtung, Sie siehen in dem Video, wie ein Ukrainer erschossen wird. Das Drohnenvideo zeigt die Erschießung der Zivilisten. Später findet der hervorragende Journalist Arndt Ginzel den Drohnenpiloten und spricht mit ihm. Die Situation wird dadurch verifiziert.
Perwomaisk, Panzerfriedhof. Der T-72B wird auf den Trailer geladen, der ihn bis zum Brandenburger Tor bringt, der dann vier Tage vor der russischen Botschaft steht.

Der Panzer kurz vor der Grenze von der Ukraine nach Polen:

„Is this a tank?“ Ja, der Panzer auf dem Weg nach Berlin. Zufällig filmt eine Bekannte von Enno Lenze.

 

An diesem Tag werden drei weitere Panzer über die Grenze gebracht: nach Estland, Lettland und Litauen

Cut. Eben noch an der polnischen Grenze, fährt der Panzer auf einmal um die Siegessäule.

Kommt am Reichstagsgebäude vorbei …

Fährt einmal kurz direkt an der russischen Botschaft entlang …

und wird an seinem Standort abgestellt.

 

3. Der Bezirk Mitte und der Kampf um den Panzer

Am 27. Juni 2022 stelle ich den Antrag, einen Panzer als Installation politischer Kunst im öffentlichen Raum Unter den Linden gegenüber der russischen Botschaft aufstellen zu dürfen und sehe mir am gleichen Tag an, wie er am besten auf die Schadowstraße passt. Zuständig ist dafür die Bezirksstadträtin Dr. Almut Neumann. Ordnung, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen – für das alles ist sie im Bezirk Berlin-Mitte die Verantwortliche. Am 24. Februar 2023 kommt der Panzer, also genau neun Monate später. Es gab in dieser Zeit kein einziges Gespräch mit ihr, kein Telefonat, keine Mail. Einmal durfte ich mit ihrer Vorzimmerdame telefonieren und wurde für dumm verkauft. Die Stadträtin, Grüne und frühere Verwaltungsrichterin, verweigert bis heute das Gespräch. Ich verstehe ihre vollständige Verweigerungshaltung als Verachtung der Menschen, die sie gewählt haben. Wie mich die Stadträtin abblitzen lässt, wie ich einen Monat nach meiner Mail als Bittsteller bis zum Pförtner des im Rathauses vordringe und dabei auf einen Telefontermin in zwei Monaten verwiesen werde – denn im August findet die eineinhalbstündige Telefonsprechstunde der Stadträtin natürlich nicht statt, zu der man die Fragen vorher schriftlich einreichen muss – das alles beschreiben wir ausführlich im Beitrag „Der unerwünschte Panzer in Berlin“ in unserem Nachrichtendienst Berlin Story News. Nach Demokratie hört sich das nicht an, also wenn man irgendwie den Wortsinn von Volksherrschaft im Kopf hat. Es erinnert mich an Pressekonferenzen in China, bei denen vorher die Fragen eingereicht werden müssen.

Der Beitrag ist lesenswert. Mehr als 250.000 Mal wurde diese ziemlich lange Geschichte innerhalb von zwei bis drei Tagen gelesen. Veröffentlicht am 5. Februar 2022, kurz vor der Nachwahl in Berlin am 12. Februar 2023, sorgte sie innerhalb der Grünen für erheblichen Wirbel. Immer wieder stand es in der Zeitung. Warum wurde da in Mitte von einer Stadträtin so ein Unsinn verzapft? Denn bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten würde es auf jede Stimme ankommen. Der Vorsprung der SPD vor den Grünen betrug schließlich nur 53 Stimmen. Wenn also von den 250.000 Lesern 0,021 statt der SPD die Grünen gewählt hätten …

Welche Arroganz der Macht, der lächerliche kleinen Macht einer Stadträtin in einem von zwölf Bezirken Berlins. Die Panzer-Aktion gegen den Krieg wird von ihr als „Ausdrucksmittel militärischer Propaganda“ bezeichnet. Die Außenpolitik Deutschlands könnte bedroht sein, es handele sich nicht um Kunst im Stadtraum – stellt ein namentlich nicht bekanntes Kunstgremium des Bezirks klar. Als das Verwaltungsgericht diese Argumentationen fast unverhohlen lachhaft findet, schiebt sie nach, es könne jemand vor Schreck vom Rad fallen, syrische Flüchtlinge könnten traumatisiert werden und überhaupt stehe die Straße Unter den Linden unter Denkmalschutz.

Nur zur Klarstellung: mit BezirksbürgermeisterInnen sind wir immer gut ausgekommen, mit Joachim Zeller (CDU) und Christian Hanke (SPD) in Mitte, mit Monika Herrmann und ihrer Nachfolgerin Clara Herrmann (Grüne) in Kreuzberg – also unabhängig von der Partei. Sie waren und sind interessiert, engagiert, unserem Engagement zugewandt. Sie schätzen bürgerschaftliches Engagement und die Zivilgesellschaft – das sind wir.

 

Enno Lenze (vorne) und ich auf der Michaelkirche für den Bürgerverein Luisenstadt. Zivilgesellschaftliches Engagement ohne Panzer, mit Engel. Michael soll wieder über das Engelbecken leuchten. Die LED-Strahler müssen ersetzt werden. Die Turmhöhe beträgt 16 Meter. Muss ja …

Nachdem der Tagesspiegel über Wochen immer wieder nachgelegt hatte, treffe ich die Stadträtin doch, aber in ganz anderem Zusammenhang, bei der Grünflächenbegehung rund um das Engelbecken und den ehemaligen Luisenstädtischen Kanal. Ich bin seit Ewigkeiten im Bürgerverein Luisenstadt aktiv, in meinem Verlag erschien das Standardwerk zum Luisenstädtischen Kanal, knapp 500 Seiten Als ich mich vorstellen will, fragt mich die Stadträtin: „Ach sind Sie Herr Lenze?“ Nein, der ist halb so alt wie ich und hat knallrote Haare. Meine gehen bei freundlicher Betrachtung als silbergrau durch.

Das war alles nur ein Vorspiel. Unbedeutend für die eigentliche Aktion, aber niederschmetternd, was die Einstellung und das Verhalten einer grünen Stadträtin gegenüber dem Volk angeht. Noch knapper vor der Wahl zieht die Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (auch Grüne) die Sache an sich, glättet die Wogen und kommt dann auch zum Panzer vor der Botschaft.

 

Update 31. März 2023 – das Bezirksamt tritt nach

Es geht um Rechtskosten des Gerichts, es geht um 22 Euro. Dafür schreibt das Rechtsamt der Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Mitte (Stefanie Remlinger, Grüne) jetzt erneut an das Gericht, eher ein Besinnungsaufsatz, wie so oft zuvor, als eine juristische Argumentation. Zwei Seiten.

Enno Lenze dazu: „Das Rechtsamt der Bürgermeisterin von Berlin Mitte schreibt weiter dem Gericht und wirft uns nun vor einen unsinnigen Rechtsstreit geführt zu haben. Es ist unglaublich 😀 “ Unglaublich, weil der Bezirk Mitte diese ganze juristische Auseinaderstung erst angezettel hat und wir nur durch die Hilfe unseres RA Patrick Heinemann gewonnen haben und den Panzer aufstellen konnten.

Enno Lenze: „Im Ergebnis heißt das für mich: danke Grüne für das abartige Verhalten und die maximale Sabotage von Kunst, Kultur und Protest gegen den Angriffskrieg.“

Lotte Buschenhagen im Checkpoint am 31. März 2023 dazu:

Das Hickhack um das Panzerwrack vor der Russischen Botschaft nimmt kein Ende. Nachdem der Panzer längst abtransportiert wurde, streitet das Bezirksamt Mitte mit den Initiatoren der Aktion um Geld. In einem Brief, der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt, verlangt das Amt die Zahlung einer Gebühr für einen Vollstreckungsantrag. Diesen hatten die Initiatoren zur Sicherheit gestellt, nachdem sie sich die Genehmigung zur Aufstellung des Panzers erklagt hatten. Strenggenommen blieb die Anordnung des Gerichts nämlich nur wirksam, wenn der Antragsteller seinen Willen zur Rechtsdurchsetzung zeigen konnte – dies tat er durch den Vollstreckungsantrag. Der Bezirk hielt den Antrag für unnötig.

Jetzt macht das Gericht die Kosten geltend – und das BA verlangt, dass die Initiatoren blechen. Unfassbarer Streitwert laut Enno Lenze: 22 Euro. „Wenn ich die echt zahlen muss, mache ich ein Crowdfunding. Und lege noch ein paar Fertigessen und warme Decken für die Bürgermeisterin bei. Da scheint es ja echt finanzielle Probleme zu geben… “

ENDE Update 31. März 2023 – das Bezirksamt tritt nach

4. Der Tagesspiegel läßt nicht locker – andere Medien steigen ein

Witzig – mehrer Wochen wurde nicht einmal der Eingang meines Antrags bestätigt, weder die Email an die Stadträtin direkt, noch der Antrag, den man für Kunst im öffentlichen Raum ausfüllen muss. Als Aber Lorenz Maroldt im morgendlichen Newsletter des Tagesspiegel, dem Checkpoint, am 21. Juli 2022 über diese Untätigkeit berichtet, über den Versuch, Solidarität mit der Ukraine zu verhindern, erhalte ich noch am gleichen Vormittag eine Eingangsbestätigung von einem Mitarbeiter, der für die Verspätung um Entschuldigung bittet und sich im weiteren Verlauf als sehr kooperativ erwies – soweit Mitarbeiter in Ämtern das sein dürfen. Aber auch sie haben, wie jeder Mensch, die Wahl der freien Entscheidung: Knüppel zwischen die Beine werfen oder sich anständig verhalten.

Es ist so sagenhaft viel, was sich da in den Medien und besonders im Tagespiegel abspielt, dass dieser Teil der Auseinandersetzung in einem weiteren Beitrag dargestellt wird „Schrottpanzer vor die russische Botschaft – Der Tagesspiegel und andere dazu.“

Mehrere Journalistinnen und Journalisten kümmern sich beharrlich um das Panzer-Projekt, recherchieren selbständig weiter und motivieren dadurch andere Medien. Diese intensive Berichterstattung über Monate hinweg führt dazu, dass die Besucher am Panzer nahezu alle über diese Vorgänge Bescheid wissen und uns zum Durchhalten gratulieren.

Aufmerksam wird auch der Verwaltungsjurist Dr. Patrick Heinemann. Meine Interpretation ist, dass er den ablehnenden Bescheid des Bezirksamt für so abstrus hielt, dass er sich herausgefordert fühlte. Jurist gegen Juristin: die Stadträtin war ja vorher mehrere Jahre lang Verwaltungsrichterin an genau dem Verwaltungsgericht Berlin, das ihr jetzt in aller Bescheidenheit erläutert, wo ihre Grenzen als Verkehrsstatträtin sind, dass nämlich deutsche Außenpolitik, Kulturpolitik und eine verquere Einstellung zum Denkmalschutz nicht unmittelbar zu ihrem Aufgabenbereich zählt. Unser Gutachten zum Denkmalschutz, um das Patrick Heinemann den Experten Prof. Dr. Leo Schmidt gebeten hatte, findet sich ebenfalls in obigem Beitrag. Darin wird die durchgehend hochpolitische Bedeutung der Straße herausgestellt, geprägt von Attentaten, Revolutionen und Kriegen, in die sich das Panzerprojekt hervorragend einfügt.

 

5. Putins Propaganda

Wir waren darauf eingestellt, aber nicht so. Unter den mehr als hundert Zeitungsbeiträgen bereits vor der eigentlichen Panzeraktion war nur einer bösartig oder dumm oder wie man es kategorisieren will, also reine Putin-Propaganda, nämlich der von Katharina Körting in „der freitag“. Der Beitrag ist voller sachlicher Fehler, grottenschlecht recherchiert, weitgehend (für das Publikum des freitag) ausgedacht.

„Ein Symbol für die Opfer der Ukraine“? Nein. Es geht uns um die Täter, die in der Botschaft sitzen, genau wie es uns in der Dokumentation „Hitler – wie konnte es geschehen“ im Berlin Story Bunker um die Täter geht.

– Der Panzer war vorher weder in Warschau noch in Prag. Dort fanden von den jeweiligen Regierung unterstützte Ausstellungen statt. 

– Ein zerschossener Panzer sei Kriegspropaganda, „seht her, wir machen euch fertig:“ Täter und Opfer des Kriegs werden ausgetauscht. Reine Putin-Propaganda.

– Im Panzer seien Menschen gestorben. Autorin Körting “Das ist in der Tat anzunehmen.“ Ja. Wie allgemein bekannt, hatte der Panzer auch einen Ausstieg für die drei Mann Besatzung. Bevor die Miene darunter zündete, wäre es möglich gewesen, die Entscheidung zu treffen, keine Zivilisten umzubringen.

– „Genau aus diesem Grund [weil Menschen darin gestorben sind] wollen Lenze und Giebel das Panzerwrack mitten auf dem Mittelstreifen Unter den Linden aufstellen.“ Das ist eine sehr bösartige Unterstellung, hier als Tatsache dargestellt. Der Panzerschrott soll vor die Tür der Täter.

Und auch nicht auf dem Mittelstreifen Unter den Linden. Selbst abschreiben scheint der Autorin schwer zu fallen. UdL ist keine Autobahn, es handelt sich seit 1573 um die Mittelpromenade.

– „Ein Schrottpanzer als militaristisch mahnender Zeigefinger, getarnt als Ausstellung.“ Nein. Wir bezeichnen das als Meinungsfreiheit, vielleicht auch Kunstfreiheit und berufen uns dabei auf das Grundgesetz, das von dessen Vätern und vier Müttern angesichts der Nazi-Diktatur geschaffen wurde.

– „Der Berliner Verein „Historiale“ verklagte vor dem Berliner Verwaltungsgericht das Recht dazu.““ Nein. Vielleicht findet sich in der Redaktion oder im Umfeld jemand, der den Unterschied zwischen einer Klage und einem Widerspruch erläutern kann. 

– „Für den Mittelstreifen ist der Panzer zu schwer, aber in der Schadowstraße ein paar Meter weiter wird er mahnen dürfen.“ Falsch. Die Schadowstraße quert die Mittelpromenade. Der Panzer steht also vor dem Haupteingang der russischen Botschaft im Zug der Mittelpromenade. Wenn man nicht selbständig hingehen, gucken, recherchieren will, könnte man Google Maps befragen.

„Wer weiß, wie lange die sowjetischen Panzer des Sowjetischen Ehrenmals an der Straße des 17. Juni in Berlin-Tiergarten noch stehenbleiben dürfen …“ Wir wissen es auch nicht. 

Ein Blick auf unsere Internetseite hätte jedoch (mehrfach im Zusammenhang mit dieser Panzeraktion) gezeigt, wie Lenze und Giebel einen Kranz mit rotem Stern und dem Dank an die sowjetischen Soldaten für die Befreiung Deutschlands anlässlich des 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 2021 niedergelegt haben.

Freundschaft mit Russland!“ Statt Vasallen von Amerika.– „Es ist nicht richtig, eine antirussische Kriegstrophäe mitten in Berlin, im ehemaligen sowjetischen Sektor, aufzustellen.“ Nein. Wiederum werden von der Autorin Tätern und Opfern verdreht. Es handelt sich um keine antirussische Trophäe, sondern um einen Panzer, der beim Überfall auf ein unabhängiges Land mit demokratisch gewählter Regierung eingesetzt wurde.

– „Der russische Panzer dagegen verkündet Triumph, ruft zum Sieg – und damit zum Krieg.“ Das ist, was ich als pure Putin-Propaganda verstehe: wenn den Angegriffenen unterstellt wird, sie riefen zum Krieg auf.

Putin-Nähe ist für Katharina Körting nicht neu. Noch vor zwei Monaten unterstützte sie mitten während des Angriffskriegs NordStream 2 „Der einzige Grund, warum Nord Stream 2 geschlossen bleiben soll, ist offenbar der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die mit ihm verbundene Verpflichtung, sich selbst maximal zu schaden.“

 

6. „Bis wir nicht mit allen Nazis fertig sind,

können wir den Sondereinsatz nicht beenden.“

Jetzt kommt der schwierigste Teil dieses Beitrags, denn die Russen-Propaganda soll nicht überbewertet werden, sie soll den Erfolg unserer Aktion nicht schmälern, aber man kann diese Gewalttätigkeit, den Haß und die Phantasie auch nicht unter den Tisch fallen lassen, die Ukraine mit Stumpf und Stil auszuradieren.

Was mich am tiefsten erschütterte war die Erkenntnis, wie intensiv die Gehirnwäsche der russischen Propaganda wirkt. Auch dieses Thema ist ja gar nicht neu für uns. Im Berlin Story Verlag erschien das umfangreichste Buch zur Propaganda der Nazis, „Propaganda des Terrors“ von Sylke Wunderlich. Darin heißt es: „Ich lernte frühzeitig verstehen, dass die richtige Verwendung der Propaganda eine wirkliche Kunst darstellt.“ – Adolf Hitler. „Ist die nationalsozialistische Bewegung vielleicht durch die Theoretiker an die Macht gekommen – oder durch die Propagandisten?” – Joseph Goebbels.

Die russische Botschaft hatte sich bisher herausgehalten. Dann rief sie am Samstagmittag in einem Tweet dazu auf, Rosen am Panzer abzulegen. Unmittelbar danach fuhr ein Kleinlaster vor und mehrere Menschen luden 10-Liter-Eimer voller Rosen aus, nach eigenen Angaben 2.000, also mehr als man je in einem Blumenladen kaufen kann. Gemäß der russischen Propaganda hieß es dann, das deutsche Volk lege Rosen nieder, um die russischen Opfer der ukrainischen Faschisten zu ehren und um die deutsche Regierung aufzufordern, keine Waffen mehr zu liefern. Rote Rosen sind das Symbol der Niederschlagung des deutschen Faschismus, Sie werden traditionell am 9. Mai niedergelegt, also dem Jahrestag (nach russicher Rechnung) der deutschen Kampitulation 1945. Diese roten Rosen sollten jetzt für die Niederschlagung des Faschismus in der Ukraine gelten.

Überall da, wo russische Propaganda gefragt ist, wurde dieser Fake aufgenommen, zum Beispiel in der indischen Hindustan Times, einer Zeitung mit 4,2 Millionen Lesern.

 

Der Beitrag schließt: „Moskaus Botschaft verhöhnt den Westen mit einer Blumendecke auf dem russischen Panzer.“ Bild und Text stammen von Russia Today, das steht oben links: Cortesy: Russia Today. Zunächst war uns nicht klar, dass die Propagandisten der Botschaft selbst dahinter stecken. Denn für uns sah es so aus:

Die Rosen werden zentral angeliefert und von der Truppe verteilt, die kein deutsch spricht, außer der Managerin. Auf diesem Video sind die von der Botschaft organisierten Russen und deren Vorgehen gut zu sehen.

Es besteht also kein Zweifel, wie zentral gesteuert die Propagandaaktion mit den Rosen ist. Die Polizei stellt sich in Absprache mit uns um den Panzer, damit keiner hochklettert.

Die russische Botschaft bedankt sich später und stellt eindeutig fest, dass die Rosen als Symbolfür den Neonazismus in der Ukraine stehen sollen.

Dieses Video einfach anklicken:

Im Laufe dieser vier Tage sprechen wir mit vielen Russen. Interviews mit der Kamera können wir nicht machen. Hundert Prozent der Russen, die am Panzer sind, vertreten die Meinung wie diese beiden Frauen im Video, man müsse die Faschisten in der Ukraine auslöschen: Alte (oder alt wirkende) Frauen, die gut deutsch sprechen und ebenso alte russische Männer, die seit 25 Jahren die Privilegien unserer Gesellschaft genießen, aber kein einziges Wort deutsch sprechen.

Zur gleichen Zeit geht am Brandenburger Tor die pro-Putin-Demo von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zu Ende. Die meisten strömen am Panzer vorbei zurück.

„Denazification. Why are you standing there so stupidly, you idiot. Negotiate with him.“

 

„Und diese 50.000 Demoteilnehmer, von denen Sie sprechen, sind die jetzt hier mit uns im Raum?“

 

Die Teilnehmer der Demonstration fordern, dass keine Waffen mehr an die Ukraine geliefert werden, dass Verhandlungen stattfinden. Zahlreiche Teilnehmer sind Russen.

 

„Putin heißt Frieden.“ Das ist ja nicht ironisch gemeint. Das vertreten ALLE Russen hier.
Putin-Freunde? Die „alte“ Friedensbewegung? Es mischt sich viel an diesem Tag, in dieser Sahra-Wagenknecht-Bewegung.
Als Bandera-Faschisten werden hier der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnet und der ehemalige urkainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk.

 

„Ein willkommener Krieg für die USA und die NATO – und wir zahlen.“

„Frieden schaffen, ohne Waffen.“ – hier im Video nach der Sahra Wagenknecht Demo.

Das ist die Forderung der deutschen Friedensbewegung aus den 1970er und 1980er Jahren. Heute und im Zusammenhang mit dieser Demonstration ist aber klar gemeint, dass wir, Deutschland, keine Waffen an die Ukraine liefern sollen. Die Forderung, dass Putin der Krieg beenden solle, kam nicht vor. Polizisten schützen das politische Kunstwerk Panzer.

 

„Werdet kriegsmüde. Diplomaten statt Granaten“

 

Freundschaft mit Russland! Statt Vasallen von Amerika

Der Herr im folgenden Video fordert, dass Panzer vor die amerikanische Botschaft gestellt werden sollen. Er bietet auch eine Alternative an: die Konrad Adenauer Stiftung.

Stiernacken versuchen, den Panzer zu stürmen. In dem Moment bildet die Polizei einen Ring.

 

Zu spät. Es kommt zu mehreren tätlichen Angriffen von Russen auf andere.

 

Der Zaun um den Panzer beruhigt die Lage.

 

Nachts. Es ist Ruhe eingekehrt. Foto: Stephan Röhl

Das Gedenken an die vielen Toten der Ukraine, direkt vor dem Haupteingang der Botschaft.

In der taz kommentiert Uwe Rada das Spannungsfeld zwischen der russischen Propaganda-Intervention und unserer Aktion so:

„Seit Dienstag ist der Panzer wieder verschwunden. Er soll nun in den Niederlanden an den russischen Krieg in der Ukraine und den Widerstandswillen der Angegriffenen erinnern, so wie auch in zahlreichen Ländern in Mittel- und Osteuropa russische Panzerwracks zum Symbol des Widerstands wurden. Das Berliner Alleinstellungsmerkmal: Die Genehmigung zum Aufstellen des Wracks mussten sich Lenze und sein Museum vor Gericht erstreiten. Das grün geführte Bezirksamt Mitte hatte die Aktion mit aller Macht zu verhindern versucht.

Aber nicht nur deshalb war die temporäre Installation ein Erfolg. Es sind vor allem die Bilder, die von diesem Panzer gepostet wurden, egal ob mit blaugelben Fahnen oder roten Rosen. Anders als eine Hauswand ist ein Panzerwrack nämlich kein neutraler Hintergrund für einen Streit um deutsche Waffenlieferungen. Das entscheidende Bild sind nicht die Versuche, ihn umzudeuten, es ist der ausgebrannte Panzer selbst. Ohne den russischen Terror und den ukrainischen Widerstand wäre Russlands Schrott nicht vor der deren Botschaft in Berlin gelandet.“

 

 

7. Panzer to go

Montagabend, der 27. Februar 2023, kurz vor Mitternacht. Das Fahrzeug macht sich auf den Weg in die Niederlande.

 

Enno Lenze hat noch keinen Feierabend. Er begleitet das Fahrzeug auf einer weiten Strecke,
Vier Tage lang jeweils zehn Stunden bei null Grad am Panzer stehen, das war anstrengend – und am Ende die Schadowstraße kehren, damit wir sie verlassen, wie sie vorher war.
Einige Tage später erreichte der Panzer das Freiheitsmuseum in Groesbeeks in den Niederlanden https://freiheitsmuseum.com/

Er hat eine lange Reise hinter sich: von Burjatien in der Russichen Föderation an der Grenze zur Mongolei über Stoyanka während der Schlacht um Kyiv in der Ukraine, sowie einem exklusiven Aufenthalt in Berlin nun in den freiheitsliebenden Niederlanden.

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8. Die Ausstellungstafeln

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