
Gedanken nach der Aktion mit dem russischen Schrottpanzer

Es ist ein überwältigender Erfolg – und ich bin ganz traurig. Die ganze Welt hat gesehen, wie wir uns gegen den russischen Überfall stellen, aber nur Waffen werden entscheiden. Nur das Schlachtfeld zählt. Unser Ziel ist erreicht, den Ukrainerinnen und Ukrainern den Rücken zu stärken im Kampf gegen die russische Invasion. Weit über unsere Vorstellungen hinaus berichteten die Medien weltweit über den zerstörten russischen Panzer. Der Panzer stellt eine Allegorie auf die kommende Niederlage Russlands dar. Er steht einerseits vor dem Brandenburger Tor, dem Symbol der deutschen Einheit, der Freiheit überhaupt, gleichzeitig vor der russischen Botschaft, dem Wahrzeichen des Bösen. Traurig bin ich, weil wir nicht viel mehr helfen können, allerdings vom Bunker aus laufend Schutzwesten, Helmen und medizinischem Material in die Ukraine bringen sowie die erste Ausstellung über ukrainische Memes gestaltet haben, also witzige Antikriegspropaganda von unten – im Bunker dauerhaft zu sehen.
Ich habe es mit offenen Augen kommen sehen und wollte nicht glauben, dass es passiert. Mein gesellschaftliches Engagement gilt mein Leben lang Krieg und Frieden: mit 21 Jahren als Bundesgeschäftsführer der Kriegsdienstverweigerer, damals eine bedeutende Organisation. Dann im Krieg in Nordirland, später in Israel, Syrien, Kurdistan und lange in Ruanda. Die ganzen Bücher im Berlin Story Verlag im Geist der Aufklärung, gegen den Nationalsozialismus – alles für die Katz? Die Dokumentation „Hitler – wie konnte es geschehen“ im Berlin Story Bunker mit 350.000 Besuchern im Jahr, die sich eigentlich gegen Hitler und den Nationalsozialmus richtet, aber über die Besucher heute sagen: Was wir jetzt mit Putin erleben, ist wie aus dem Handbuch der Diktatoren. Manchen sagen, Putin sei wie Hitler ohne Holocaust. Über diese Parallele sprechen alle Besucher.
„Nie wieder?“ – von wegen.
Update 21. März 2023: Von diesem Panzer aus wurden in der Ukraine an der Autobahm Zivilisten ermordet. Hier eine Dokumenation dazu. Enno Lenze hatte diesen am 31. März 2022 während der Schlacht um Kyiv zerstörten Panzer bereits am 29. April 2022 selbst gesehen und beschrieben. Auf seinem Video ist im Hintergrund die Tankstelle zu sehen, die später in dem Video vorkommt, in dem ein Ukrainer aus dem Auto steigt und von einem russischen Panzer aus erschossen wird:
So finally „my“ tank, which was on display in berlin in front of the Russian embassy got identified. Turns out: I saw it already on April 29th 2022 https://t.co/6d6RrgKy0H pic.twitter.com/15WU4fvk5N
— Enno Lenze (@ennolenze) March 17, 2023
Und hier in einem ausführlichen 7-Minuten-Video von Kurdistan 24 am Ort der Zerstörung genau des Panzers, der dann vor der russischen Botschaft in Berlin stand.
K24 muhabiri @azadaltun, Kiev'in Stoyanka bölgesinden Ukrayna güçleri tarafından imha edilen Rus tankını ve savaşın kalıntılarını görüntüledi pic.twitter.com/gKP6qjdGej
— Kurdistan24 Türkçe (@K24Turkce) March 31, 2022
ENDE des Updates vom 21. März 2023
Inzwischen haben wir einerseits durch die Recherche von ONYX mehr erfahren, andererseits dadurch, dass Enno Lenze sein Material vom April 2022 genauer durchgesehen hat. ONYX kümmert sich seit dem ersten Tag des Krieges um eine exakte Bestandsaufnahme der zerstörten Fahrzeuge und Panzer – nur der nachgewiesenen.
Ich beschreibe in diesem Beitrag, wie es zu der Aktion mit dem in der Ukraine zerstörten russischen Panzer vor der Botschaft Moskaus in Berlin kam und was sie für mich bedeutet.
1. Die erfolgreiche Aktion


Wieland Giebel: „Dieser kaputte Panzer steht hier als Symbol des Untergangs. Das Regime wird untergehen, in die Hölle. So wie das Dritte Reich untergegangen ist. Wer solche Kriegsverbrechen begeht, wird das nicht überleben. Putin ist ein Schlächter. Er wird scheitert. Die Ukraine ist Putins Stalingrad …
Hier in dieser Botschaft sitzen die Kriegsverbrecher. Keiner von der Botschaft hat sich gegen den Krieg gestellt. Und genau hier gegenüber, wo der Panzer steht, sind die Büros des Geheimdienstes, der für den russischen Auftragsmord im Tiergarten verantwortlich ist. Staatsterrorismus.
Die ganze Welt soll sehen, dass viele Bürger in Deutschland fest hinter der Ukraine stehen. Deswegen stellen wir den Russen ihren Schrottpanzer vor die Tür. Slava Ukraini.„
Aber schon als ich um acht Uhr morgens ankomme, steht CNN vor dem Panzer und wartet auf mich. Die Bilder gehen um die ganze Welt. Das CNN-Team in Kyiv freut sich, Enno zu sehen. Mit ihm hat Fred Pleitgen viel gemacht. Aber auch dpa-Video steht so früh morgens und ohne Absprache bereit, macht ein Interview und versorgt die Welt mit Bildern. Der Panzer ist erst in den Morgenstunden angekommen. Wir haben ihn in Empfang genommen, das kommt weiter unten. Die Kälte, es ist um null Grad, hält mich wach.


Links neben dem Botschafter steht Birdie, die Sängerin mit den roten Haaren. Sie hat als Soldatin Azovstal verteidigt, kam in russische Gefangenschaft und wurde nach vier Monaten ausgetauscht.
Birdie singt in Azovstal, sie ist mit den letzten Kämpfern dort



Wer noch keine Gelegenheit hatte, das Panzerwrack vor der russischen Botschaft in Berlin selbst zu besuchen, der kann sich hier einen ersten Eindruck verschaffen. Danke an @ennolenze & @WielandGiebel für die Aktion und das stete Ankämpfen gegen die vielen Widerstände. pic.twitter.com/B4kQ04sGoY
— Martin Michel (@applescripter) February 24, 2023
Der Kinderchor besucht gerade Deutschland, machte einen unerwarteten Stopp am Panzer – und machte mich glücklich. pic.twitter.com/dgsLRlH6CY
— Wieland Giebel (@WielandGiebel) February 25, 2023
Slava Ukraini pic.twitter.com/2PI0YbKTHA
— Wieland Giebel (@WielandGiebel) February 25, 2023
Ein stimmlich hervorragender und hoch konzentrierter ukrainischer Kinderchor, der gerade in Berlin ist, singt die Nationalhymne vor dem russischen Panzer. pic.twitter.com/FLRmrxZMM6
— Wieland Giebel (@WielandGiebel) February 25, 2023



Das ist plakativ. Die Boulevardpresse unterstützt uns ebenso wie die Blätter, die sich „Qualitätszeitungen“ nennen. Nahezu alle Passanten in den nächsten Tagen kennen die ganze lange Vorgeschichte.





Am wichtigsten sind uns die ukrainischen Medien. Unsere Aktion wird intensiv wahrgenommen. Der ukrainische Fernsehsender 1 & 1 berichtet mehrmals vom Panzer und macht ein langes Interview mit dem Botschafter.
Allmählich erhalten wir über Google die Nachricht, wie breit die Berichterstattung ist. Nico aus Griechenland, der früher im Bunker gearbeitet hat, schreibt: „Ihr seid auf ALLEN griechischen Zeitungen auf der Titelseite“. Den UkrainerInnen dadurch den Rücken stärken, das ist unser Ziel. Die Welt denk an Euch, die Welt hält zu Euch, die Welt will Euren Sieg.
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People across the world gather to mark war anniversary – The Washington Post
… the Russians‘ scrap tank in front of their door,” said Wieland Giebel of the Berlin Story group, who was one of the exhibit’s organizers.
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War Protest, Activists Display Tank Wreckage Outside Russian Embassy
Wielandu Giebeliu taucht auch in Estland auf:
Rusų tanką į Berlyną atgabenęs aktyvistas: kažkas ten nešė kibirus raudonų gėlių, parduotuvėje tiek nenusipirksi
Jau ketvirtą dieną Lietuvoje ir kitur Europoje nerimsta įtampa ir konfliktai tarp prorusiškų veikėjų, dedančių gėles prie sunaikintų rusų tankų, ir prieš Rusijos agresiją pasisakančių žmonių. Ne per seniausiai Vokietijoje įvyko ir kraštutinės kairės partijos organizuota demonstracija, nukreipta prieš ginklų tiekimą Ukrainai.
Den Schrott vor die Tür stellen
Ob russischer Panzer vor russischer Botschaft oder Widerstand von Punks gegen die Volkspolizei: Der anarchistische Impuls ist meist politisch richtig.
Vier Tage lang steht ein in der Ukraine zerstörter russischer T-72-Panzer vor der russischen Botschaft in Berlin, bevor er nun in die Niederlande gebracht wird. Das Wrack soll den russischen „Untergang“ symbolisieren, heißt es. Dabei gestaltete sich der Weg von Kiew nach Berlin äußerst schwierig.
Dieser russische Panzer sollte Kiyiv erorbern, wurde aber durch eine Panzerabwehrmine zerstört Foto: Fabrizio Bensch/reuters
Erst kam der Winter zurück, dann kam der Panzer. Das abrupte Sinken der Temperatur in der Nacht wäre auszuhalten gewesen. Es ist Winter in Berlin. Man nimmt ihn hin, wie jedes Jahr. Das Problem war der Regen und der beißende Wind, die sich dazugesellten, als ich am Freitagvormittag auf dem Weg ins Büro einen Schlenker Richtung russische Botschaft machte.
Bis zuletzt hatte ich leisen Zweifel gehegt, ob er wirklich da sein würde, der Panzer. Es handelt sich um ein Exemplar des Modells T-72 B1, noch zu Sowjetzeiten, im Jahr 1985 hergestellt. In den ersten Kriegstagen bei der Schlacht um Kyiv war das Kriegsgerät der Invasoren nahe dem Dorf Dmytrivka durch eine Panzerabwehrmine zerstört worden.
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Diese Beispiel mit Berichten der internationalen Medien lassen sich fast beliebig fortführen.
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2. Der Weg von den Raketensilos zum Brandenburger Tor
Aber wie kam der Panzer eigentlich vom Museum mit den Raketensilos aus dem Kalten Krieg, dem Museum of Strategic rocket forces aus Perwomais, einem kleinen Ort zweichen Kyiv und Odessa, zum Brandenburger Tor? Die Silos der ehemaligen Langstrecken-Atomraketen lassen Besucher erschauern.
Sie vermitteln heute noch, wie heiß der Kalte Krieg war, wie hoch gerüstet sich die Atommächte gegenüberstanden. Die Ukraine war Teil der Sowjetunion.



In der ukrainischen Botschaft in Berlin war A. unsere Ansprechpartnerin, auch abends, auch am Wochenende, immer – und mit guten Kontakten zur Beschleunigung. Danke, liebe A.



Enno Lenze untersucht den Panzer genau, dokumentiert und gibt Anweisungen zur vollständigen Demilitarisierung. Ein Team von Demilitariserern nimmt sich dann den Panzer vor:

Wenige Tage bevor der Panzer für den Transport aufgeladen wurde, besucht Enno Lenze den Panzerfriedhof in Perwomaisk nochmals und nimmt am 2. Februar 2023 dieses Video auf:
Der Panzer wurde in den allerletzten Tagen der Schlacht um Kyiv am 31. März 2023 in der Nähe des Schytomir Highways am Rand des Dorfes Dmytrivka kampfunschädlich gemacht. Er wurde wurde von ukrainischen Soldaten zu Beginn der russischen Invasion auf dem Weg nach Kyiv zerstört. Unmittelbar danach, am Tag, als sich die Russen Anfang April 2022 zurückzogen, war Enno Lenze auf dem Weg nach Bucha und Kyiv – sein Bericht über hundert Kilometer Kriegsverbrechen.



„Is this a tank?“ Ja, der Panzer auf dem Weg nach Berlin. Zufällig filmt eine Bekannte von Enno Lenze.
An diesem Tag werden drei weitere Panzer über die Grenze gebracht: nach Estland, Lettland und Litauen
Cut. Eben noch an der polnischen Grenze, fährt der Panzer auf einmal um die Siegessäule.



3. Der Bezirk Mitte und der Kampf um den Panzer
Am 27. Juni 2022 stelle ich den Antrag, einen Panzer als Installation politischer Kunst im öffentlichen Raum Unter den Linden gegenüber der russischen Botschaft aufstellen zu dürfen und sehe mir am gleichen Tag an, wie er am besten auf die Schadowstraße passt. Zuständig ist dafür die Bezirksstadträtin Dr. Almut Neumann. Ordnung, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen – für das alles ist sie im Bezirk Berlin-Mitte die Verantwortliche. Am 24. Februar 2023 kommt der Panzer, also genau neun Monate später. Es gab in dieser Zeit kein einziges Gespräch mit ihr, kein Telefonat, keine Mail. Einmal durfte ich mit ihrer Vorzimmerdame telefonieren und wurde für dumm verkauft. Die Stadträtin, Grüne und frühere Verwaltungsrichterin, verweigert bis heute das Gespräch. Ich verstehe ihre vollständige Verweigerungshaltung als Verachtung der Menschen, die sie gewählt haben. Wie mich die Stadträtin abblitzen lässt, wie ich einen Monat nach meiner Mail als Bittsteller bis zum Pförtner des im Rathauses vordringe und dabei auf einen Telefontermin in zwei Monaten verwiesen werde – denn im August findet die eineinhalbstündige Telefonsprechstunde der Stadträtin natürlich nicht statt, zu der man die Fragen vorher schriftlich einreichen muss – das alles beschreiben wir ausführlich im Beitrag „Der unerwünschte Panzer in Berlin“ in unserem Nachrichtendienst Berlin Story News. Nach Demokratie hört sich das nicht an, also wenn man irgendwie den Wortsinn von Volksherrschaft im Kopf hat. Es erinnert mich an Pressekonferenzen in China, bei denen vorher die Fragen eingereicht werden müssen.
Der Beitrag ist lesenswert. Mehr als 250.000 Mal wurde diese ziemlich lange Geschichte innerhalb von zwei bis drei Tagen gelesen. Veröffentlicht am 5. Februar 2022, kurz vor der Nachwahl in Berlin am 12. Februar 2023, sorgte sie innerhalb der Grünen für erheblichen Wirbel. Immer wieder stand es in der Zeitung. Warum wurde da in Mitte von einer Stadträtin so ein Unsinn verzapft? Denn bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten würde es auf jede Stimme ankommen. Der Vorsprung der SPD vor den Grünen betrug schließlich nur 53 Stimmen. Wenn also von den 250.000 Lesern 0,021 statt der SPD die Grünen gewählt hätten …
Welche Arroganz der Macht, der lächerliche kleinen Macht einer Stadträtin in einem von zwölf Bezirken Berlins. Die Panzer-Aktion gegen den Krieg wird von ihr als „Ausdrucksmittel militärischer Propaganda“ bezeichnet. Die Außenpolitik Deutschlands könnte bedroht sein, es handele sich nicht um Kunst im Stadtraum – stellt ein namentlich nicht bekanntes Kunstgremium des Bezirks klar. Als das Verwaltungsgericht diese Argumentationen fast unverhohlen lachhaft findet, schiebt sie nach, es könne jemand vor Schreck vom Rad fallen, syrische Flüchtlinge könnten traumatisiert werden und überhaupt stehe die Straße Unter den Linden unter Denkmalschutz.
Nur zur Klarstellung: mit BezirksbürgermeisterInnen sind wir immer gut ausgekommen, mit Joachim Zeller (CDU) und Christian Hanke (SPD) in Mitte, mit Monika Herrmann und ihrer Nachfolgerin Clara Herrmann (Grüne) in Kreuzberg – also unabhängig von der Partei. Sie waren und sind interessiert, engagiert, unserem Engagement zugewandt. Sie schätzen bürgerschaftliches Engagement und die Zivilgesellschaft – das sind wir.

Nachdem der Tagesspiegel über Wochen immer wieder nachgelegt hatte, treffe ich die Stadträtin doch, aber in ganz anderem Zusammenhang, bei der Grünflächenbegehung rund um das Engelbecken und den ehemaligen Luisenstädtischen Kanal. Ich bin seit Ewigkeiten im Bürgerverein Luisenstadt aktiv, in meinem Verlag erschien das Standardwerk zum Luisenstädtischen Kanal, knapp 500 Seiten Als ich mich vorstellen will, fragt mich die Stadträtin: „Ach sind Sie Herr Lenze?“ Nein, der ist halb so alt wie ich und hat knallrote Haare. Meine gehen bei freundlicher Betrachtung als silbergrau durch.
Das war alles nur ein Vorspiel. Unbedeutend für die eigentliche Aktion, aber niederschmetternd, was die Einstellung und das Verhalten einer grünen Stadträtin gegenüber dem Volk angeht. Noch knapper vor der Wahl zieht die Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (auch Grüne) die Sache an sich, glättet die Wogen und kommt dann auch zum Panzer vor der Botschaft.
Update 31. März 2023 – das Bezirksamt tritt nach
Es geht um Rechtskosten des Gerichts, es geht um 22 Euro. Dafür schreibt das Rechtsamt der Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Mitte (Stefanie Remlinger, Grüne) jetzt erneut an das Gericht, eher ein Besinnungsaufsatz, wie so oft zuvor, als eine juristische Argumentation. Zwei Seiten.
Enno Lenze dazu: „Das Rechtsamt der Bürgermeisterin von Berlin Mitte schreibt weiter dem Gericht und wirft uns nun vor einen unsinnigen Rechtsstreit geführt zu haben. Es ist unglaublich 😀 “ Unglaublich, weil der Bezirk Mitte diese ganze juristische Auseinaderstung erst angezettel hat und wir nur durch die Hilfe unseres RA Patrick Heinemann gewonnen haben und den Panzer aufstellen konnten.
Enno Lenze: „Im Ergebnis heißt das für mich: danke Grüne für das abartige Verhalten und die maximale Sabotage von Kunst, Kultur und Protest gegen den Angriffskrieg.“
Lotte Buschenhagen im Checkpoint am 31. März 2023 dazu:
Das Hickhack um das Panzerwrack vor der Russischen Botschaft nimmt kein Ende. Nachdem der Panzer längst abtransportiert wurde, streitet das Bezirksamt Mitte mit den Initiatoren der Aktion um Geld. In einem Brief, der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt, verlangt das Amt die Zahlung einer Gebühr für einen Vollstreckungsantrag. Diesen hatten die Initiatoren zur Sicherheit gestellt, nachdem sie sich die Genehmigung zur Aufstellung des Panzers erklagt hatten. Strenggenommen blieb die Anordnung des Gerichts nämlich nur wirksam, wenn der Antragsteller seinen Willen zur Rechtsdurchsetzung zeigen konnte – dies tat er durch den Vollstreckungsantrag. Der Bezirk hielt den Antrag für unnötig.
Jetzt macht das Gericht die Kosten geltend – und das BA verlangt, dass die Initiatoren blechen. Unfassbarer Streitwert laut Enno Lenze: 22 Euro. „Wenn ich die echt zahlen muss, mache ich ein Crowdfunding. Und lege noch ein paar Fertigessen und warme Decken für die Bürgermeisterin bei. Da scheint es ja echt finanzielle Probleme zu geben… “ |
ENDE Update 31. März 2023 – das Bezirksamt tritt nach
4. Der Tagesspiegel läßt nicht locker – andere Medien steigen ein
Witzig – mehrer Wochen wurde nicht einmal der Eingang meines Antrags bestätigt, weder die Email an die Stadträtin direkt, noch der Antrag, den man für Kunst im öffentlichen Raum ausfüllen muss. Als Aber Lorenz Maroldt im morgendlichen Newsletter des Tagesspiegel, dem Checkpoint, am 21. Juli 2022 über diese Untätigkeit berichtet, über den Versuch, Solidarität mit der Ukraine zu verhindern, erhalte ich noch am gleichen Vormittag eine Eingangsbestätigung von einem Mitarbeiter, der für die Verspätung um Entschuldigung bittet und sich im weiteren Verlauf als sehr kooperativ erwies – soweit Mitarbeiter in Ämtern das sein dürfen. Aber auch sie haben, wie jeder Mensch, die Wahl der freien Entscheidung: Knüppel zwischen die Beine werfen oder sich anständig verhalten.
Es ist so sagenhaft viel, was sich da in den Medien und besonders im Tagespiegel abspielt, dass dieser Teil der Auseinandersetzung in einem weiteren Beitrag dargestellt wird „Schrottpanzer vor die russische Botschaft – Der Tagesspiegel und andere dazu.“
Mehrere Journalistinnen und Journalisten kümmern sich beharrlich um das Panzer-Projekt, recherchieren selbständig weiter und motivieren dadurch andere Medien. Diese intensive Berichterstattung über Monate hinweg führt dazu, dass die Besucher am Panzer nahezu alle über diese Vorgänge Bescheid wissen und uns zum Durchhalten gratulieren.
Aufmerksam wird auch der Verwaltungsjurist Dr. Patrick Heinemann. Meine Interpretation ist, dass er den ablehnenden Bescheid des Bezirksamt für so abstrus hielt, dass er sich herausgefordert fühlte. Jurist gegen Juristin: die Stadträtin war ja vorher mehrere Jahre lang Verwaltungsrichterin an genau dem Verwaltungsgericht Berlin, das ihr jetzt in aller Bescheidenheit erläutert, wo ihre Grenzen als Verkehrsstatträtin sind, dass nämlich deutsche Außenpolitik, Kulturpolitik und eine verquere Einstellung zum Denkmalschutz nicht unmittelbar zu ihrem Aufgabenbereich zählt. Unser Gutachten zum Denkmalschutz, um das Patrick Heinemann den Experten Prof. Dr. Leo Schmidt gebeten hatte, findet sich ebenfalls in obigem Beitrag. Darin wird die durchgehend hochpolitische Bedeutung der Straße herausgestellt, geprägt von Attentaten, Revolutionen und Kriegen, in die sich das Panzerprojekt hervorragend einfügt.
5. Putins Propaganda
Wir waren darauf eingestellt, aber nicht so. Unter den mehr als hundert Zeitungsbeiträgen bereits vor der eigentlichen Panzeraktion war nur einer bösartig oder dumm oder wie man es kategorisieren will, also reine Putin-Propaganda, nämlich der von Katharina Körting in „der freitag“. Der Beitrag ist voller sachlicher Fehler, grottenschlecht recherchiert, weitgehend (für das Publikum des freitag) ausgedacht.
„Ein Symbol für die Opfer der Ukraine“? Nein. Es geht uns um die Täter, die in der Botschaft sitzen, genau wie es uns in der Dokumentation „Hitler – wie konnte es geschehen“ im Berlin Story Bunker um die Täter geht.
– Der Panzer war vorher weder in Warschau noch in Prag. Dort fanden von den jeweiligen Regierung unterstützte Ausstellungen statt.
– Ein zerschossener Panzer sei Kriegspropaganda, „seht her, wir machen euch fertig:“ Täter und Opfer des Kriegs werden ausgetauscht. Reine Putin-Propaganda.
– Im Panzer seien Menschen gestorben. Autorin Körting “Das ist in der Tat anzunehmen.“ Ja. Wie allgemein bekannt, hatte der Panzer auch einen Ausstieg für die drei Mann Besatzung. Bevor die Miene darunter zündete, wäre es möglich gewesen, die Entscheidung zu treffen, keine Zivilisten umzubringen.
– „Genau aus diesem Grund [weil Menschen darin gestorben sind] wollen Lenze und Giebel das Panzerwrack mitten auf dem Mittelstreifen Unter den Linden aufstellen.“ Das ist eine sehr bösartige Unterstellung, hier als Tatsache dargestellt. Der Panzerschrott soll vor die Tür der Täter.
Und auch nicht auf dem Mittelstreifen Unter den Linden. Selbst abschreiben scheint der Autorin schwer zu fallen. UdL ist keine Autobahn, es handelt sich seit 1573 um die Mittelpromenade.
– „Ein Schrottpanzer als militaristisch mahnender Zeigefinger, getarnt als Ausstellung.“ Nein. Wir bezeichnen das als Meinungsfreiheit, vielleicht auch Kunstfreiheit und berufen uns dabei auf das Grundgesetz, das von dessen Vätern und vier Müttern angesichts der Nazi-Diktatur geschaffen wurde.
– „Der Berliner Verein „Historiale“ verklagte vor dem Berliner Verwaltungsgericht das Recht dazu.““ Nein. Vielleicht findet sich in der Redaktion oder im Umfeld jemand, der den Unterschied zwischen einer Klage und einem Widerspruch erläutern kann.
– „Für den Mittelstreifen ist der Panzer zu schwer, aber in der Schadowstraße ein paar Meter weiter wird er mahnen dürfen.“ Falsch. Die Schadowstraße quert die Mittelpromenade. Der Panzer steht also vor dem Haupteingang der russischen Botschaft im Zug der Mittelpromenade. Wenn man nicht selbständig hingehen, gucken, recherchieren will, könnte man Google Maps befragen.
– „Wer weiß, wie lange die sowjetischen Panzer des Sowjetischen Ehrenmals an der Straße des 17. Juni in Berlin-Tiergarten noch stehenbleiben dürfen …“ Wir wissen es auch nicht.

Freundschaft mit Russland!“ Statt Vasallen von Amerika.– „Es ist nicht richtig, eine antirussische Kriegstrophäe mitten in Berlin, im ehemaligen sowjetischen Sektor, aufzustellen.“ Nein. Wiederum werden von der Autorin Tätern und Opfern verdreht. Es handelt sich um keine antirussische Trophäe, sondern um einen Panzer, der beim Überfall auf ein unabhängiges Land mit demokratisch gewählter Regierung eingesetzt wurde.
– „Der russische Panzer dagegen verkündet Triumph, ruft zum Sieg – und damit zum Krieg.“ Das ist, was ich als pure Putin-Propaganda verstehe: wenn den Angegriffenen unterstellt wird, sie riefen zum Krieg auf.
Putin-Nähe ist für Katharina Körting nicht neu. Noch vor zwei Monaten unterstützte sie mitten während des Angriffskriegs NordStream 2 „Der einzige Grund, warum Nord Stream 2 geschlossen bleiben soll, ist offenbar der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die mit ihm verbundene Verpflichtung, sich selbst maximal zu schaden.“
6. „Bis wir nicht mit allen Nazis fertig sind,
können wir den Sondereinsatz nicht beenden.“
Jetzt kommt der schwierigste Teil dieses Beitrags, denn die Russen-Propaganda soll nicht überbewertet werden, sie soll den Erfolg unserer Aktion nicht schmälern, aber man kann diese Gewalttätigkeit, den Haß und die Phantasie auch nicht unter den Tisch fallen lassen, die Ukraine mit Stumpf und Stil auszuradieren.
Was mich am tiefsten erschütterte war die Erkenntnis, wie intensiv die Gehirnwäsche der russischen Propaganda wirkt. Auch dieses Thema ist ja gar nicht neu für uns. Im Berlin Story Verlag erschien das umfangreichste Buch zur Propaganda der Nazis, „Propaganda des Terrors“ von Sylke Wunderlich. Darin heißt es: „Ich lernte frühzeitig verstehen, dass die richtige Verwendung der Propaganda eine wirkliche Kunst darstellt.“ – Adolf Hitler. „Ist die nationalsozialistische Bewegung vielleicht durch die Theoretiker an die Macht gekommen – oder durch die Propagandisten?” – Joseph Goebbels.
Die russische Botschaft hatte sich bisher herausgehalten. Dann rief sie am Samstagmittag in einem Tweet dazu auf, Rosen am Panzer abzulegen. Unmittelbar danach fuhr ein Kleinlaster vor und mehrere Menschen luden 10-Liter-Eimer voller Rosen aus, nach eigenen Angaben 2.000, also mehr als man je in einem Blumenladen kaufen kann. Gemäß der russischen Propaganda hieß es dann, das deutsche Volk lege Rosen nieder, um die russischen Opfer der ukrainischen Faschisten zu ehren und um die deutsche Regierung aufzufordern, keine Waffen mehr zu liefern. Rote Rosen sind das Symbol der Niederschlagung des deutschen Faschismus, Sie werden traditionell am 9. Mai niedergelegt, also dem Jahrestag (nach russicher Rechnung) der deutschen Kampitulation 1945. Diese roten Rosen sollten jetzt für die Niederschlagung des Faschismus in der Ukraine gelten.
Überall da, wo russische Propaganda gefragt ist, wurde dieser Fake aufgenommen, zum Beispiel in der indischen Hindustan Times, einer Zeitung mit 4,2 Millionen Lesern.
Der Beitrag schließt: „Moskaus Botschaft verhöhnt den Westen mit einer Blumendecke auf dem russischen Panzer.“ Bild und Text stammen von Russia Today, das steht oben links: Cortesy: Russia Today. Zunächst war uns nicht klar, dass die Propagandisten der Botschaft selbst dahinter stecken. Denn für uns sah es so aus:
Die Rosen werden zentral angeliefert und von der Truppe verteilt, die kein deutsch spricht, außer der Managerin. Auf diesem Video sind die von der Botschaft organisierten Russen und deren Vorgehen gut zu sehen.
Es besteht also kein Zweifel, wie zentral gesteuert die Propagandaaktion mit den Rosen ist. Die Polizei stellt sich in Absprache mit uns um den Panzer, damit keiner hochklettert.

Dieses Video einfach anklicken:

Zur gleichen Zeit geht am Brandenburger Tor die pro-Putin-Demo von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zu Ende. Die meisten strömen am Panzer vorbei zurück.


Die Teilnehmer der Demonstration fordern, dass keine Waffen mehr an die Ukraine geliefert werden, dass Verhandlungen stattfinden. Zahlreiche Teilnehmer sind Russen.




„Frieden schaffen, ohne Waffen.“ – hier im Video nach der Sahra Wagenknecht Demo.
Das ist die Forderung der deutschen Friedensbewegung aus den 1970er und 1980er Jahren. Heute und im Zusammenhang mit dieser Demonstration ist aber klar gemeint, dass wir, Deutschland, keine Waffen an die Ukraine liefern sollen. Die Forderung, dass Putin der Krieg beenden solle, kam nicht vor. Polizisten schützen das politische Kunstwerk Panzer.


Der Herr im folgenden Video fordert, dass Panzer vor die amerikanische Botschaft gestellt werden sollen. Er bietet auch eine Alternative an: die Konrad Adenauer Stiftung.





In der taz kommentiert Uwe Rada das Spannungsfeld zwischen der russischen Propaganda-Intervention und unserer Aktion so:
„Seit Dienstag ist der Panzer wieder verschwunden. Er soll nun in den Niederlanden an den russischen Krieg in der Ukraine und den Widerstandswillen der Angegriffenen erinnern, so wie auch in zahlreichen Ländern in Mittel- und Osteuropa russische Panzerwracks zum Symbol des Widerstands wurden. Das Berliner Alleinstellungsmerkmal: Die Genehmigung zum Aufstellen des Wracks mussten sich Lenze und sein Museum vor Gericht erstreiten. Das grün geführte Bezirksamt Mitte hatte die Aktion mit aller Macht zu verhindern versucht.
Aber nicht nur deshalb war die temporäre Installation ein Erfolg. Es sind vor allem die Bilder, die von diesem Panzer gepostet wurden, egal ob mit blaugelben Fahnen oder roten Rosen. Anders als eine Hauswand ist ein Panzerwrack nämlich kein neutraler Hintergrund für einen Streit um deutsche Waffenlieferungen. Das entscheidende Bild sind nicht die Versuche, ihn umzudeuten, es ist der ausgebrannte Panzer selbst. Ohne den russischen Terror und den ukrainischen Widerstand wäre Russlands Schrott nicht vor der deren Botschaft in Berlin gelandet.“
7. Panzer to go




Er hat eine lange Reise hinter sich: von Burjatien in der Russichen Föderation an der Grenze zur Mongolei über Stoyanka während der Schlacht um Kyiv in der Ukraine, sowie einem exklusiven Aufenthalt in Berlin nun in den freiheitsliebenden Niederlanden.
8. Die Ausstellungstafeln
NACHTRAG im Juni 2024
Die Stadträtin der Grünen, die uns so viel Ärger gemacht hat, ist nicht mehr da. Sie hat aufgegeben (kriegt Zwillinge, will nicht mehr, Familie geht vor). Es taucht eine Pressemitteilung der Grünen Bürgermeisterin von damals auf, die der Position der gründen Stadträtin diametral gegenübersteht und die ich nicht wahrgenommen hatte, die auch in den Medien nicht kam. Ich zitiere sie hier gleich vollständig.
Zunächst zur Stadträtin Dr. Almuth Neumann. Ich habe sie zwischendurch in einem anderen Zusammenhang erlebt, ebenso katastophal. Sie hatte als Verkehrsstadträtin angeordnet, dass die Friedrichstraße Fußgängerzone wird, hat schäbige Straßenmöbel aufstellen lassen – alles über den Kopf der Anlieger hinweg. Dann fand auf deren Drängen eine Versammlung im Maximilians statt https://www.maximilians-berlin.de/, einem bayrischen Bierlokal. Mehr als hundert Besucher. Dr. Neumann kannte keinen, weder mit Namen noch von Ansehen. Die Interesensgemeinschaft Friedrichstraße, die Wirtschaftgemeinschaft Mitte, viele, viele Anlieger, kümmern sich seit mehr als zwanzig Jahren um die Entwicklung der Friedrichstraße, einer der ältesten und bedeutendsten Straßen Berlin. Diese ganze Arroganz, die den Grünen heute (leider und zurecht) vorgehalten wird, über die Köpfe der Beteiligten zu entscheiden, war hier exemplarisch zu sehen. Der ganze Verkehr hatte sich in die parallel verlaufenden Seitenstraßen verlagert, die keine Geschäftstraßen sind wie die Friedrichstraße, sondern Anwohnerstraßen mit Wohnungen. Über die Belieferung der Geschäfte in der Friedrichstraße, die Notdienste, die Müllentsorgung – all das war nicht geklärt.
Man konnte wahrnehmen, wie es Bürgermeisterin Stefanie Remlinger während der Versammlung aufging, dass hier etwas total schiefgelaufen war. Sie sicherte zu, zu prüfen und auch die Anordnungen rückgängig zu machen. Das geschah auch. Inzwischen hat die übergeordnete (jetzt CDU) Senatsverkehrsverwaltung die Sache an sich gezogen, den Bezirk ausgeschaltet.
Die Pressemitteilung der Bürgermeisterin, hier in ihrer Rolle als Grüne:
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Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine
Seit einem Jahr verursacht Putins Angriffskrieg unfassbares Leid in der Ukraine. Der Krieg ist auch ein Krieg gegen die europäische Friedensordnung und das Völkerrecht. Wir stehen nach wie vor fest an der Seite der Ukrainer:innen und zeigen unsere Solidarität mit der Ukraine heute mit unseren Mitgliedern auf der Straße in Berlin. Wir begrüßen die Aufstellung des Panzerwracks als politisches Signal unmittelbar vor der russischen Botschaft in unserem Bezirk und bedanken uns bei den Initiator:innen, deren ausdauerndes Engagement dies ermöglicht hat.
Der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine hat uns alle schockiert und entsetzt. Das Panzerwrack ist ein hartes, künstlerisches Zeichen für die schmerzhaft veränderte Realität. Es erinnert uns am heutigen Tag daran, wieviel Leid Krieg bedeutet und dass der Krieg uns direkt angeht. Wir dürfen nicht nachlassen, den Menschen zu helfen und für den Frieden zu arbeiten.