Roadtrip Richtung Bachmut – Ukraine Oktober 2023

Papaaa!!! Kurz vor Bachmut. Die junge Frau besucht mit ihrem Kind ihren Mann an der Front. Endlich wieder den Mann in den Armen halten.„Papaaa!!!“ – Kurz vor Bachmut. Die junge Frau besucht mit ihrem Kind ihren Mann an der Front in Kostjantyniwka. Endlich wieder den Mann in den Armen halten.

„Das muss man sich ja nicht antun“, war einer der ersten Kommentar in Deutschland, als ich davon berichtete, dass russische Raketen zwei Städte trafen, in denen ich gerade war. Ein Atomkraftwerk, an dem ich vorbeikam, war wenige Stunden zuvor von elf russischen Drohnen angegriffen worden. Alle abgefangen. Dieser Angriff, nicht weit von Polen, von der EU, ging in den deutschen Medien unter – überlagert vom Terror der Hamas. Vier Tage vor meiner Abfahrt in die Ukrainer griffen die Hamas-Terroristen Israel an.

Nein, man muss sich das nicht antun. Man muss sich im Fernsehen auch nicht die Toten ansehen, sondern kann weiter zappen zur ARD-Samstagabend-Show. Und weiter SPD wählen, damit nichts eskaliert und wir nicht in deren Krieg hineingezogen werden.

Ich war vom 12. bis 27. Oktober 2023 in Odesa (ukrainische Schreibweise), Uman, Krywyj Rih (der Heimatstadt von Selenskyj), Saporischschja (wo das größte europäische Atomkraftwerk von Russen besetzt ist), in Dnipro, Kramatorsk, dort wenige Kilometer vor Bachmut, schließlich in Charkiv, dann in Kyiv bei unseren Freunden vom Nationalen Militärhistorischen Museum sowie in Lwiw.

Reiseroute durch die Ukraine, eine Strecke parallel zur Front im Osten

Ich will den russischen Terror gegen die ukrainische Zivilbevölkerung mit eigenen Augen sehen. In „Hitler – wie konnte es geschehen“ im Berlin Story Bunker heißt es auf einer Tafel: „Völkermorde beginnen immer mit Rassismus. Also mit der Idee, dass eine Gruppe weniger wert ist.“ Das propagiert Putin. Er bezeichnet die Ukrainer als Nazis. So rechtfertigt er den Überfall. Ich habe in der Ukraine keine Nazis gesehen, also niemanden getroffen, der auch nur ansatzweise so eine Ideologie vertritt. Diktatur, Krieg und Frieden, das sind zentrale Themen im Berlin Story Bunker und auf meiner Reise. 

Freunde von mir fragte, ob ich mein ganzes Geld für Reisen ausgebe. Der Flug Berlin – Chișinău (Moldau) dauert knapp zwei Stunden und kostet 79 Euro, die wenigen Stunden Bus nach Odesa 20 Euro. Für 99 Euro ist man also am Schwarzen Meer. Man kann auch mit Flixbus oder anderen fahren, ab 67 Euro, täglich in die Ukraine mehr als zwanzigmal von Berlin aus. Busverbindungen in der Ukraine von Stadt zu Stadt kosten 10 bis 15 Euro, online buchen, dem Fahrer den QR-Code zeigen. Die Busse haben Wi-Fi. Hotels kann man bei booking.com checken. Jeder kann sich das also leisten. Es ist ganz einfach.

Der russische Terror richtet sich gegen die Zivilbevölkerung. Niemand kann ihm ausweichen. Hunderte Kilometer von der Front im Donbas entfernt werden täglich ukrainische Wohngebiete mit Langstreckenraketen angegriffen. Sie töten werktätige Menschen, Kinder, Alte, sie zerstören völlig willkürlich, zufällig Gebäude in Plattenbausiedlungen oder andere Wohnhäuser.

Odesa

Die Hafenstadt am Schwarzen Meer. Die meisten Zerstörungen sind in den Hafenanlagen und den Speichern und Silos. Dort kann ich nicht hin. Die Raketen werden von der von Russland annektierten Krim aus abgeschossen.

Das Hotel Odessa am Hafen. Als ich die Reise plante, hatte ich die prima Idee, in einem Hotel nahe der Oper oder hier in einer der oberen Etagen zu übernachten, um einen guten Blick über die Stadt, den Hafen und Richtung Krim zu haben. Eine Entscheidung musste ich nicht treffen. Drei Wochen vor meinem Besuch wurde dieses Hotel von russischen Raketen getroffen.

Das Hotel Odessa am Hafen. Als ich die Reise plante, hatte ich die prima Idee, in einem Hotel nahe der Oper oder hier in einer der oberen Etagen zu übernachten, um einen guten Blick über die Stadt, den Hafen und Richtung Krim zu haben. Eine Entscheidung musste ich nicht treffen. Drei Wochen vor meinem Besuch wurde dieses Hotel von russischen Raketen getroffen. Vitali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew, beschreibt die Situation in der  Ukraine Anfang November 2023 als „eine Illusion an Leben, die jede Sekunde zerstört werden kann.“ 

„Ich bin Zwanzig. Viele meiner Freunde sind in der Armee. Ich kann es mir nicht vorstellen, aber natürlich gehe ich. Es ist unser Vaterland, das wir verteidigen!“

„Ich bin Zwanzig. Viele meiner Freunde sind in der Armee. Ich kann es mir nicht vorstellen, aber natürlich gehe ich. Es ist unser Vaterland, das wir verteidigen!“

Nazar: „Nein, das ist nicht meine Frau, die ist mit den Kindern weiter im Trentino. Anastasia ist meine Kommandantin. Ich zeige dir gleich die Fotos aus Bachmut, wo wir kämpfen. Ich komme ursprünglich der Nähe von Tschernobyl. Wir haben aus Italien 10 Autos mitgebracht, jetzt sind es noch zwei. Von den 700 aus meiner Einheit leben 200. Anastasia hat ihre Jungs heute Nachmittag in die Oper geschickt. Du wirst sie dort treffen.“

Nazar: „Nein, das ist nicht meine Frau, die ist mit den Kindern weiter im Trentino. Anastasia ist meine Kommandantin. Ich zeige dir gleich die Fotos aus Bachmut, wo wir kämpfen. Ich komme ursprünglich der Nähe von Tschernobyl. Wir haben aus Italien 10 Autos mitgebracht, jetzt sind es noch zwei. Von den 700 aus meiner Einheit leben 200. Anastasia hat ihre Jungs heute Nachmittag in die Oper geschickt. Du wirst sie dort treffen.“

Stadtmuseum Odesa. Vorübergehend geschlossen.

Stadtmuseum Odesa. Vorübergehend geschlossen.

„Was ich von Deutschlands Regierung wünsche oder fordere? Gar nichts. Ich bin nur dankbar. Ich sehe es andersherum: Das Engagement vieler Ukrainer sollte deutlich stärker sein. Hier in Odesa wird so getan, als gäbe es den Krieg gar nicht. Ich bin auch anderer Meinung, was das Feiern der jungen Leute angeht. Andere sind mit 18 Jahren an der Front. Es gibt viele Möglichkeiten, etwas zu helfen. Ich sehe hier aber keine besonderen Aktivitäten bei den jungen Menschen. Von Euch dagegen kommt so viel Hilfe, also von Gruppen, Organisationen, einzelnen Menschen. Ich bin ganz gerührt. Ein ehemaliger Klassenkamerad von mir ist an der Front, seit 2014. Er opfert sich auf für unsere Land. Mein Mann wird aus gesundheitlichen Gründen nicht genommen. Er wollte. Wir haben vorher lange und immer wieder darüber diskutiert. Ich will nicht im Weg stehen. Ich bin 35, ich kann mich auch erst mal alleine um unsere beiden kleinen Töchter kümmern, unsere Sonnenscheine. Er arbeitet bei uns in der Stadt, also nicht hier, im Bereich Gender-Fragen. Ja, das gibt es. Es ist nicht vorbei mit Korruption. Ich glaube, dass Selenskyj alles dagegen tut, aber es ziehen nicht alle an einem Strang. Er hat sich aus eigener Kraft und mit enormem Aufwand hochgearbeitet. Aber wo sind die Milliarden geblieben, die auch schon vor dem Krieg ins Land flossen? Wer hat sich bereichert? Auf unsere Soldaten bin ich stolz, auf jeden einzelnen, der unser Land verteidigt.“

„Was ich von Deutschlands Regierung wünsche oder fordere? Gar nichts. Ich bin nur dankbar. Ich sehe es andersherum: Das Engagement vieler Ukrainer sollte deutlich stärker sein. Hier in Odesa wird so getan, als gäbe es den Krieg gar nicht. Ich bin auch anderer Meinung, was das Feiern der jungen Leute angeht. Andere sind mit 18 Jahren an der Front. Es gibt viele Möglichkeiten, etwas zu helfen. Ich sehe hier aber keine besonderen Aktivitäten bei den jungen Menschen. Von Euch dagegen kommt so viel Hilfe, also von Gruppen, Organisationen, einzelnen Menschen. Ich bin ganz gerührt. Ein ehemaliger Klassenkamerad von mir ist an der Front, seit 2014. Er opfert sich auf für unsere Land. Mein Mann wird aus gesundheitlichen Gründen nicht genommen. Er wollte. Wir haben vorher lange und immer wieder darüber diskutiert. Ich will nicht im Weg stehen. Ich bin 35, ich kann mich auch erst mal alleine um unsere beiden kleinen Töchter kümmern, unsere Sonnenscheine. Er arbeitet bei uns in der Stadt, also nicht hier, im Bereich Gender-Fragen. Ja, das gibt es. Es ist nicht vorbei mit Korruption. Ich glaube, dass Selenskyj alles dagegen tut, aber es ziehen nicht alle an einem Strang. Er hat sich aus eigener Kraft und mit enormem Aufwand hochgearbeitet. Aber wo sind die Milliarden geblieben, die auch schon vor dem Krieg ins Land flossen? Wer hat sich bereichert? Auf unsere Soldaten bin ich stolz, auf jeden einzelnen, der unser Land verteidigt.“

Die Potemkinsche Treppe in Odesa, heute konnte ich diese Sehenswürdigkeit erstmal sehen, bisher kam man gar nicht ran. Das bedeutet, es waren heute, Sonntagnachmittag, keine Marschflugkörper im Anflug.

Die Potemkinsche Treppe in Odesa, heute konnte ich diese Sehenswürdigkeit erstmal sehen, bisher kam man gar nicht ran. Das bedeutet, es waren heute, Sonntagnachmittag, keine Marschflugkörper im Anflug.

Gesprächspartner finden? Ganz einfach. Sinnbildlich in die Mitte des Marktplatzes stellen. Die einen senken den Kopf und drehen sich weg „uhhh, ein Ausländer“. Die anderen „ein Ausländer!“, mal gucken, was der hier will. Das sind die Interessanten.

Gesprächspartner finden? Ganz einfach. Sinnbildlich in die Mitte des Marktplatzes stellen. Die einen senken den Kopf und drehen sich weg „Uhhh, ein Ausländer“. Die anderen „ein Ausländer! Mal gucken, was der hier will.“ Das sind die Interessanten.

Noch eine andere Perspektive auf die Ukraine. Gestern in Odesa ging es auch um den Dank an die Freiwilligen aus so vielen Ländern, die den Ukrainern helfen. Heute berichtet mir im Bus nach Uman Yoli aus Spanien von ihrem Einsatz. „Das ist mein Urlaub. Ich habe mir vier Wochen genommen. Besser als unter Palmen liegen … “ Erstaunlich. Fast wortgleich mit dem Titel des ersten Buchs von Bunkerchef Enno Lenze: „Fronturlaub – Wie ich in meiner Freizeit den Kampf gegen den IS unterstütze, statt unter Palmen zu liegen.“ https://berlinstory-buch.de/p/enno-lenze-fronturlaub Yolanda Narain kommt gerade zurück, ist auf dem Weg nach Kyiv. Einen Monat Urlaub bekommt man nicht ohne Weiteres. Die Geschichte wird immer spannender, denn es ist nicht Yolis erster freiwilliger Einsatz, und was sie beruflich tut, ist erstaunlich. Sie ist Scientific Enablement and Processes director bei Roche. Roche ist (nach Pfizer) das zweitgrößte Pharmaunternehmen der Welt. Bei einem ihrer ersten Einsätze im April 2022 arbeitete sie in einem Empfangszentrum für UkrainerInnen in Polen an der Grenze zur Ukraine. Genau zeitgleich war ich ehrenamtlich in der Welcome Hall am Hauptbahnhof in Berlin. Es sah genauso aus. https://wielandgiebel.de/2022/04/05/welcome-hall-am-hauptbahnhof-chronoloigie-einer-nacht/ Im Mai 2023 arbeitete sie bei einer Initiative in Lviv – und jetzt im Oktober 2023 im Süden der Ukraine. In ihrem Bericht, um den Roche für die Betriebszeitschrift gebeten hatte, vergleicht sie ihre professionelle Arbeit mit der ehrenamtlichen. Bei beiden komme es darauf an, ein gutes Team um ein gutes Projekt zu vereinen. “I felt a similar shift to focus on the team or the project. As a good professional, that shift to concern about others becoming primary may happen over the course of years. However, at the border crossing, it happened right away. In the end, and to my surprise, whether I am in my corporate environment or at a war torn border, the same human principles apply.”

Noch eine andere Perspektive auf die Ukraine. Gestern in Odesa ging es auch um den Dank an die Freiwilligen aus so vielen Ländern, die den Ukrainern helfen. Heute berichtet mir im Bus nach Uman Yoli aus Spanien von ihrem Einsatz. „Das ist mein Urlaub. Ich habe mir vier Wochen genommen. Besser als unter Palmen liegen … “ Erstaunlich. Fast wortgleich mit dem Titel des ersten Buchs von Bunkerchef Enno Lenze: „Fronturlaub – Wie ich in meiner Freizeit den Kampf gegen den IS unterstütze, statt unter Palmen zu liegen.“ Yolanda Narain kommt gerade zurück, ist auf dem Weg nach Kyiv. Einen Monat Urlaub bekommt man nicht ohne Weiteres. Die Geschichte wird immer spannender, denn es ist nicht Yolis erster freiwilliger Einsatz, und was sie beruflich tut, ist erstaunlich. Sie ist Scientific Enablement and Processes director bei Roche. Roche ist (nach Pfizer) das zweitgrößte Pharmaunternehmen der Welt. Bei einem ihrer ersten Einsätze im April 2022 arbeitete sie in einem Empfangszentrum für UkrainerInnen in Polen an der Grenze zur Ukraine. Genau zeitgleich war ich ehrenamtlich in der Welcome Hall am Hauptbahnhof in Berlin. Es sah genauso aus. Im Mai 2023 arbeitete sie bei einer Initiative in Lviv – und jetzt im Oktober 2023 im Süden der Ukraine. In ihrem Bericht, um den Roche für die Betriebszeitschrift gebeten hatte, vergleicht sie ihre professionelle Arbeit mit der ehrenamtlichen. Bei beiden komme es darauf an, ein gutes Team um ein gutes Projekt zu vereinen. “I felt a similar shift to focus on the team or the project. As a good professional, that shift to concern about others becoming primary may happen over the course of years. However, at the border crossing, it happened right away. In the end, and to my surprise, whether I am in my corporate environment or at a war torn border, the same human principles apply.”

Uman

Uman, einige hundert Kilometer nördlich, die Stadt auf halbem Weg zwischen Kyiv und Odessa. Erstmals hatte ich von der Stadt gehört, als wir im Berlin Story Verlag das Hitler Itinerar herausgegeben haben, Hitler Tag für Tag. Während des Zweiten Weltkriegs flog Hitler mit Mussolini nach einer gewonnenen Schlacht nach Uman.

28. August 1941. Hitler und Mussolini fliegen nach Uman. Der Hinflug. Sie finden die italienischen Truppen aber lange nicht. Die hatten sich verkrümelt. Auf dem Rückflug setzt sich Mussolini ans Steuer des Fliegers. Hitler zittert, heiß es.
28. August 1941. Hitler und Mussolini fliegen nach Uman. Der Hinflug. Sie finden die italienischen Truppen aber lange nicht. Die hatten sich verkrümelt. Auf dem Rückflug setzt sich Mussolini ans Steuer des Fliegers. Hitler zittert, heiß es.
Orthodoxe Juden auf dem Weg nach Uman
Orthodoxe Juden auf dem Weg nach Uman

Dann hatte ich vor vier Wochen mit Uman zu tun. In meinem Zugabteil Richtung Kyiv war ich mit Chassidim zusammen. Ich als Einziger zwischen lauter orthodoxen Juden, die aufgekratzt waren, als wären sie auf Speed, weil das Ziel ihrer Pilgerfahrt nahe war. Uman mit 88.000 Einwohnern hatte 10.000 Besucher zugelassen, 32.000 Chassidim kamen.

Uman liegt Hunderte von Kilometern von der Front entfernt. Ich sehe mir die Umgebung an: Da ist nichts Militärisches, keine Industrie, es handelt sich einfach um eine Wohnsiedlung, in der ärmere, aber in den neuen Teilen auch wohlhabendere Menschen leben. Niemand kann hier damit rechnen, dass eine russische Rakete einschlägt.

In der riesigen Plattenbausiedlung, die aus alten Gebäuden aus den 1970er Jahren und vielen neueren bis ganz neuen besteht, finde ich mich nicht zurecht, frage diese junge Frau, die mich zehn Minuten lang führt und mir das zerstörte Haus mitten im Wohngebiet zeigt.

Die Rakete schlägt am 28. April 2023 durch das Haus durch. Auf der anderen Seite sind auch zerstörte Wohnungen. 23 Tote, darunter viele Kinder. Die Nacht des Terrors. https://youtu.be/Dr9b9e2GO88

Das Video vom Einschlag der Rakete am 28. April 2023

Kryvyi Rih

Auf dem Weg nach Kryvyi Rih

Spätlese, sonst ist fast alles bereits geerntet. Die Ukraine, 1,7mal so groß wie Deutschland mit der Hälfte Einwohner – das sind unendliche Felder auf fruchtbarsten Böden.

Kryvyi Rih, 250 Kilometer südöstlich von Uman. Die Industriestadt, aus der Präsident Wolodymyr Selenskyj stammt, muss möglicherweise gerade deshalb besonders leiden.

Ein einfaches Wohnhaus.

Ein einfaches Wohnhaus der sowjetischen Khrushchevka Bauart. Fünf Etagen, damit man keinen Aufzug braucht.

Das von der Rakete getroffene Haus von der Seite. Weil man in den Videos immer nur das zerstörte Haus sieht, füge ich hier eine weitere Aufnahmen der Nachbarschaft hinzu.

Ein Haus der gleichen Bauart nur eine Reihe weiter wurde nicht getroffen.

Weiter Kryvyi Rih. Ein Kleingewerbegebiet ist nach dem russischen Angriff völlig ausgebrannt und wurde schon weggeräumt. Es muss ja weitergehen.

Nur dieses stabile Haus blieb in seinen Grundmauern erhalten.

Weiter Kryvyi Rih. Wieder der Einschlag einer russischen S-300 Rakete.

So sieht das Haus von der anderen Seite aus. Keine Chance zu überleben.

Immer noch Kryvyi Rih. Ein zufälliges Wohnhaus.

Wiederum gibt es in der Nähe keine militärisch relevanten Ziele. Putin lässt die Wohnhäuser bombardieren. Das sind alles ohne irgendeinen Zweifel Kriegsverbrechen.

Noch einmal Kryvyi Rih. Ein Verwaltungsgebäude.

Die Stahlindustrie von AcelorMittal in Kryvyi Rih ist kilometerweit entfernt.

Von der Mutter verabschieden und ab an die Front. Von der Freundin verabschiedet und ab an die Front. Die Gefühle kann man nicht nachempfinden.

„Ich bin zu Beginn des Krieges mit meiner Mutter nach Frankreich gefahren. Dort hat sie einen Herzschlag gehabt. Sie sitzt hier neben mir. Jetzt sehe ich gleich nach eineinhalb Jahren meinen Mann in Saporischschja wieder. Den Franzosen und allen bin ich sehr dankbar! Immer waren sie freundlich und hilfsbereit.“

Saporischschja

Ich fahre weiter in den Osten Richtung Donbas. Saporischschja kennt man, dort befindet sich auf der anderen Seite des Dnipro die größte Atomkraftwerkanlage Europas, von den Russen besetzt. Nachts reißen mich die Sirenen hoch. Ich erfahre gleich über Twitter, was passiert ist und gehe morgens zu dem bombardierten Haus.

Das muss man nichts erklären. Das ist ganz offensichtlich wieder ein Wohnhaus. Zwei Tote, mehrere Verletzte.

Die Rettungskräfte sind seit Stunden dabei, mögliche Überlebende zu bergen. Zwischen 1.33 und 1.48 Uhr sind sechs Raketen auf Saporischschja abgefeuert worden, teilte Regionalgouverneur Juri Malaschko bei Telegram mit.

In der Kirche nebenan sind wertvolle Fenster herausgeflogen. Handwerker sind bereits dabei, Tischlerplatte zuzuschneiden.

Man erkennt hier den Raketeneinschlag von oben.

Völliger Zufall und keine Chance zu überleben.

Das ist extrem gefährlich, weil unklar ist, wie es mit der Statik des Hauses aussieht, ob noch Decken herunterkommen können.

Währenddessen läuft draußen, leider schon routiniert, die Bestandsaufnahme.

Dnipro

Dnipro, nördlich von Saporischschja im Januar 2023, also vor meinem Besuch.

Dieses Dashcam video 30“ shows moment of missile strike in Dnipro, Ukraine

YouTube Benutzer Leonid Learni kommentiert das Video mit den Worten: „I’m a teenager who lives near that area and my windows literally almost shattered to pieces when the missile hit. You cannot imagine how scary it is in reality … you’re sleeping and all of a sudden something like that happens. I was there the other day after it happened and it looks even more heartbreaking in person.“

Auf Deutsch: „Ich bin ein Teenager, der in der Nähe dieser Gegend wohnt, und meine Fenster sind buchstäblich fast in Stücke zersplittert, als die Rakete einschlug. Sie können sich nicht vorstellen, wie beängstigend es in Wirklichkeit ist … Sie schlafen und plötzlich passiert so etwas. Ich war neulich dort, nachdem es passiert ist, und live sieht es noch herzzerreißender aus.“

Dnipro, Mai 2023. Die Stadt Dnipro am Fluß Dnipro (russiche Dnepr).

Das Wasser müsste eigentlich bis zur Strandpromenade gehen. Die Cafés Links hatten teilweise schwimmende Terrassen. Nein, nicht Klimawandel, die Russen! Der Kachowka-Staudamm wurde Anfang Juni 2023 gesprengt.

Die Angler sehen es praktisch: „Weniger Wasser, gleich viel Fische. Gut für uns“, erklärten sie Enno Lenze bei seinem Besuch.

Das Wasserkraftwerk wurde zerstört, große Regionen wurden überflutet, eine Katastrophe. Die Industrie hatte lange kein Wasser mehr, das Trinkwasser war nicht mehr sauber. Die überflutete Landschaft dörrt jetzt aus. Der durch die Sprengung des Staudamms entstandene Schaden, so die UN im Oktober 2023, beziffert sich auf 14 Milliarden US-Dollar.

Kostiantynivka

20 Kilometer vor der Front, direkt vor Bachmut. Ich sehe mir heute Kostiantynivka. Das Foto ist vom 6. September 2023, sechs Wochen vor meinem Besuch. Es starben 15 Menschen, Dutzende wurden verletzt.

Ein Video vom Einschlag der russischen Rakete.

„Watch on YouTube“ klicken, dann zweimal bestätigen.

Kostiantynivka. Was vom Leben bleibt, sind Gefühle: Die Freundin endlich so fest im Arm halten.

Kramatorsk im Donbas

Am 8. April 2022 traf eine russische Rakete den Bahnhof von Kramatorsk, also zu Beginn des russischen Einmarsches in die gesamte Ukraine. Es wurden 63 Zivilisten (darunter 9 Kinder) getötet und 150 verwundet (darunter 34 Kinder). 1000 oder bis zu 4000 Menschen befanden sich vor dem Bahnhof, weil sie auf ihre Evakuierung warteten.

Als ich komme, ist aufgeräumt und saniert. „Wir wollen nicht in Schutt und Asche leben.“ Die Stadt mit ehemals 160.000 Einwohnern wirkt wie ausgestorben. Als ich damals am Hauptbahnhof in Berlin ehrenamtlich in der Welcome Hall für Flüchtlinge aus der Ukraine arbeitete, kamen viele aus Kramatorsk an: vollkommen traumatisiert, hilflos, voller Angst, entsetzt oder aus der Spur geraten.

April 2022, Foto: armyinform.com.ua

Video 7’23“, mit Erklärung, wie aus der russischen Rakete 50 kleinere Bomben kommen, um möglichst viele Menschen auf dem übervollen Evakuierungsplatz umzubringen.

Kramatorsk, der Bahnhof heute. Schnelle, moderne Züge fahren weiterhin in den Donbas.

16 parallel verlaufende Gleise habe ich gezählt. Kramatorsk ist eine Stadt des Bergbaus und der Stahlverarbeitung, eint blühend. Enno Lenze hat in Kramatorsk im Dezember 2021 vor dem full scale Krieg einen OSCE Partner besucht, welcher gepanzerte Fahrzeuge wartet.

Große Teile der Industrie sind zerstört.

Ebenso die Schulen, durch russische Raketen zerstört

Wenige Schritte vom Bahnhof entfernt weist mich ein Bewohner auf dieses zerstörte Gebäude links hin.

Eine früher bei ausländischen Journalisten beliebte Pizzeria wurde durch eine russische Rakete zerstört.

Die Vorderseite des Gebäudes.

So viele junge Menschen, die dort saßen, absolut zivile Opfer. 13 Tote. Kein Journalist.

Hier das 2’40“ Video bei ntv über diesen Angriff …

Kramatorsk heute. Ein Video von mir vom Einschlag einer Rakete in ein Wohnhaus

 

An vielen Stellen in der Stadt, selbst im Park, sieht man Schützengräben. Diese darf man als militärische Einrichtungen nahe der Front nicht fotografieren.

Kramatorsk Busbahnhof. Der Supermarkt ist mit Spanplatten gesichert, damit die Scheiben bei einer Druckwelle nicht Splittern und somit niemanden im Supermarkt verletzen. Aber der Markt hat geöffnet. Hier ist die häufigste Fremdsprache russisch, nicht englisch. Am Eingang steht auf Englisch „We working!“ („Wir arbeitend“). Russisch sprechen ist hier ganz normal und hat nichts mit Symphatie für das heutige Russland zu tun. Ich kann das mit meinen minimalen ukrainisch Kenntnissen gut hören. Es ist auch echt ganz einfach, das russische spasiba спасибо vom ukrainischen djakuju дякую zu unterscheiden.

Nicht vor den Russen wegrennen, sondern fit halten, joggen! Mitten in Kramatorsk.

Isjum

 

Isjum nördlich von Kramatorsk auf dem Weg nach Charkiw. Die Stadt war von den Russen im Februar 2022 besetzt worden und wurde freigekämpft. Die Russen haben bisher alle Schlachten in der Ukraine verloren, angefangen von denen um Kyiv und Charkiv.

Isjum: „In der jüngst von den Russen befreiten Stadt werden gegenwärtig 445 Leichen exhumiert.“ September 2022.

Im Berlin Story Bunker zeigen wir in der Sonderausstellung Slava Ukrajini слава україні die Original-Flagge der Polizeistation von Isjum. Diese Flagge wurde am Tag der Befreiung an die NGO Alex21 gegeben (die wir unterstützen), damit diese ihr Fahrzeug als „Freund“ markieren konnten. Anschließend erhielten wir die Flagge.

Dieser ausführliche Bericht einer 92-jährigen schildert den Kampf gegen die Russen UND die Besatzung durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg.

„Butscha und Irpin, wo Hunderte von Ukrainerinnen und Ukrainern ermordet, vergewaltigt und gefoltert wurden, sind zum Symbol für Russlands Schreckensherrschaft geworden. Auch Präsident Selenski zog sofort entsprechende Parallelen, nachdem die Behörden in der kürzlich befreiten Stadt Isjum die Gräber von 445 Menschen gefunden hatten: „Butscha, Mariupol und jetzt leider auch Isjum“, sagte er in seiner Videoansprache am Donnerstag. „Russland hinterlässt überall Tod. Die erste Schlacht um Isjum hatte am 3. März 2022 begonnen.“ 18. September 2022

10.März, 20.35 Uhr: Der Korridor für Evakuierungen aus Isjum wurde von russischen Truppen unter Beschuss genommen, berichtete die Kyiv Independent unter Berufung auf Oleg Sinegubow, Gouverneur des Oblasts Charkiw. Demnach seien dennoch etwa 1.600 Menschen mit 44 Bussen evakuiert worden. Ein ähnlicher Beschuss eines Fluchtkorridors wurde zuvor in Mariupol gemeldet.

Isjum, 9. März 2022: Der ukrainische Generalstab berichtete von neuen Kämpfen in Isjum im Osten. Das dortige Zentralkrankenhaus sei völlig zerstört, teilte die Stadtverwaltung mit.

Charkiv

Charkiv, die zweitgrößte Stadt der Ukraine ganz im Osten mit 1,5 Millionen Einwohnern, 20 Kilometer von Rußland entfernt. Eine große Universitätsstadt. Mit 42 Universitäten und Hochschulen ist Charkiv das nach Kiew bedeutendste Wissenschafts- und Bildungszentrum des Landes.

Auf der Fahrt nach Charkiv bereite ich mich im Bus vor:

Charkiv, Kharkiv, früher russisch Charkow: Vor zwei Wochen wurde mitten in der Stadt bombardiert.

Retter holten die Leichen eines toten zehnjährigen Kindes und einer 67-jährigen Frau unter den Trümmern hervor und retteten sieben Menschen.

Am 6. Oktober 2023 gegen 7 Uhr morgens trafen zwei Raketen den zentralen Teil von Charkiw. Sie beschädigten mehrere Mehrfamilienhäuser und zerstörten ein dreistöckiges Wohnhaus.

Am gleichen Tag, also zwei Wochen vor meinem Besuch, wurden in der Region Charkiv im Dorf Hrosa durch einen Raketenangriff 51 Menschen getötet und sechs weitere verletzt. Unter den Toten war ein achtjähriger Junge. Eine Untersuchung der UN bestätigt Ende Oktober 2023, dass es sich um eine russische Rakete handelte. Hintergrund: Die Russen hatten behauptet, die Ukrainer hätten sich selbst beschossen.

Ein Café wurde von einer russischen Iskander-Rakete getroffen, in dem gerade eine Trauerfeier für einen gefallenen Soldaten stattfand. Im Dorf lebten 330 Menschen. Der Raketenangriff auf Hroza war gemessen an der Zahl der 51 Todesopfer der massivste in der Region Charkow.

Dazu ein 2-Minuten-Bericht der Tagesschau.

 

In diesem Hotel habe ich in Charkiv am 21. Oktober 2023 übernachtet. Nachts wurde ich durch den Alarm aufgeschreckt – kommt in den folgenden Absätzen. Dieses Foto hier stammt vom 29. Dezember 2023. Das Hotel wurde bei dem russichen Angriff getroffen, als mehr als hundertfünzig Marschflugkörper, Drohnen und Raketen auf die Ukraine abgeschossen wurden. In der Nacht gab es mehr als 30 Toten in mehreren Städten der Ukraine. Eingesetzt worden seien „S 300-Raketen, verschiedene Marschflugkörper und weitreichende Drohnen iranischer Bauart. Etwa 18 strategische Bomber seien in der Luft gewesen und hätten als Abschussplattformen gedient.“ – Luftwaffensprecher Jurij Ihnat.

Charkiv und die Rakete auf Nova Poschta

Die Russen haben bisher alle Schlachten in der Ukraine verloren. Die Schlacht um Charkiw, ganz im Osten 20 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt, ist etwas aus dem Brennpunkt geraten. Mehr als 4000 Ukrainer kamen dabei ums Leben. „During the battle, at least 606 civilians were killed due to Russian shelling and fighting for the city of Charkiv.“ Die Schlacht hat genau einen Tag lang bis zur Niederlage der russischen Invasoren gedauert.

Das Mahnmal für die vielen ums Leben gekommenen Kinder in Charkiv.

Das war ebenso der 24. Februar 2022 wie die Schlacht um Hostomel, dem Antonov-Flughafen bei Kyiv. Die Streitmacht, die die Russen über fast ein Jahr zusammengezogen hatten, war ungeheuer groß. (Alle Fotos aktuell von meinem Besuch.)

Am 9. April 2022 berichten Medien: Russische Streitkräfte haben nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums Tausende zusätzliche Soldaten nahe der Grenze zur ukrainischen Stadt Charkiw zusammengezogen. Die Zahl der taktischen Bataillone (600 bis 1000 Soldaten) in der Nähe …

… der russischen Stadt Belgorod sei von 30 auf inzwischen 40 angestiegen. Es geht also um 30.000 oder mehr Soldaten. BILD-Reporter Peter Tiede filmte den russischen Aufmarsch in der Region Belgorod.

Als ich das Video damals erstmals gesehen habe, dachte ich, es sei ein Fake. War es nicht.

Nach ihrer Niederlage unternahmen die russischen Truppen keinen weiteren Versuch, in die strategisch wichtige, für den Osten der Ukraine entscheidenden Stadt Charkiw vorzudringen. Den ukrainischen Streitkräften gelang es Mitte Mai 2022 in einer lokal begrenzten Gegenoffensive …

… die russischen Verbände aus der unmittelbaren Umgebung der Stadt zu vertreiben und so die Belagerung zu beenden. However, bombardment continued, Russian forces were again shelling Kharkiv. Pravda am 20. Mai 2022. (Die Bombardierung ging jedoch weiter, und die russischen Streitkräfte beschossen erneut Charkiw.)

Nach dem ersten Abzug verwüsteten die Russen Charkiw und die Vorworte mit Artillerie. Ein Reporter der WELT berichtet Video 2:20

Wie immer ist die militärische Seite des Kampfes viel besser in der englischen Wikipedia dargestellt

Dort werden auch die Opfer genannt, die im deutschen Wikipedia-Beitrag gar nicht vorkommen. Dass Wikipedia englisch besser, genauer, ausführlicher ist, liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Briten von Anfang an (also nach 2014) dabei waren, die Ukrainer ausbildeten, ihnen eine Chance zum Überlegen gaben, während deutsche Politiker wie Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier „Friedensgespräche“ mit dem Kriegsverbrecher Putin führten. Deutsches Militär? Gähnende Abwesenheit. So begegnet uns das auch im Berlin Story Bunker: amerikanische und britische militärische Führungskräfte studieren (auch bei uns) die Schlacht um Berlin 1945. BundeswehrsoldatInnen bringen ihre kleinen Kinder mit in den Bunker und fragen, ob wir auf sie aufpassen können. Dafür dauert deren Besuch nicht lange, weil sie danach frei haben.

Aus der gesamten Region waren die Russen im Mai vertrieben: In May 2022, Ukrainian forces began a counter-offensive to drive Russian forces out of the city and towards the international border. By 12 May, the United Kingdom Ministry of Defense reported that Russia had withdrawn units from the Kharkiv area. Fox News. Retrieved 14 May 2022. (Im Mai 2022 begannen die ukrainischen Streitkräfte eine Gegenoffensive, um die russischen Streitkräfte aus der Stadt und in Richtung der internationalen ((= russischen)) Grenze zu vertreiben. Am 12. Mai meldete das britische Verteidigungsministerium, dass Russland seine Einheiten aus dem Gebiet um Charkiw abgezogen habe.)

Die ständige Bombardierung setze sich fort bis zu meinem Besuch. Nachts werde ich durch einen Alarm aus dem Schlaf gerissen. Bis ich mich richtig berappelt habe, kommt aber schon die Entwarnung. Die Vorwarnzeit in Charkiv beträgt aufgrund der Nähe zu Russland nur wenige Sekunden. Kommt Entwarnung, sind die Raketen eingeschlagen. Ich gucke bei Twitter, ob ich etwas finde. Ja, fast unmittelbar danach.

Der Angriff auf Nova Post. Morgens fahre ich hin.

Maria Avdeeva berichtet darüber auf Twitter

UNITED24media zeigt die brennende Halle von Nova Poschta
 
Präsident Selenskyj nimmt am gleich Tag zu diesem Verbrechen Stellung

The Russian forces struck a post office in Kharkiv tonight, killing 6 people. Doctors are working on saving the lives of another 14 Ukrainians. Stay strong @NP_official_ua , you play a crucial role in this war.

(Nova Poschta an die Mitarbeiter: Die russischen Streitkräfte haben heute Abend ein Postamt in Charkiw angegriffen und 6 Menschen getötet. Die Ärzte arbeiten daran, das Leben von 14 weiteren Ukrainern zu retten. Bleiben Sie stark. Sie spielen eine entscheidende Rolle in diesem Krieg.)

Sechs Tote heute Nacht beim Angriff auf eine Postverteilstelle der privaten Nova Poschta in der Nähe von Charkiv am (geschlossenen) Flughafen Korotytsch Коротич. Ich sehe mir das mit eigenen Augen an. Charkiw liegt 20 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, Korotytsch 40 Kilometer. Die Vorwarnzeit beträgt Sekunden. Es waren zwei S 300 Raketen auf diese Menschen abgeschossen worden. Eine konnte abgefangen werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz will keine Waffen liefern, mit denen verhindert werden kann, dass diese Raketen von Russland aus erst gar nicht erst auf die Ukraine geschossen werden können.

Nachdem er die öffentliche Meinung immer wieder in diese Richtung beeinflusst hat, scheint auch eine Mehrheit der Deutschen gegen Waffenlieferungen zu sein, die die russischen Terrorangriffe verhindern könnten. Danke, SPD.

Die Postverteilstelle liegt an einer Ausfallstraße. Nova Post hat eine Filiale in der Charlottenstraße in Berlin – sehr zu empfehlen. Wir verschicken viele unserer Hilfsgüter des Berlin Story Bunkers mit Nova Post: Helme, Schutzwesten, Tourniques, aber auch Drohnen.

Hier ein kurzes Video von mir zur Lage der Postverteilstelle.

Doris Berber postet diese Aufnahmen vom Ort des Einschlags der russischen Rakete.
 
Nova Poschta: Our colleagues spent their last seconds alive helping – sorting parcels with medicine and humanitarian aid for the civilian suffering from the war. The russia destroyed a civilian building and should be convicted of war crimes. 

Allmählich verlasse ich die Gegend nahe der Front, fahre nach Kyiv zur Besprechung mit unsereren Freunden vom Nationalen Militärhistorischen Museum, besuche tolle Kulturveranstaltungen. Wer mir auf Twitter folgt , hat das alles und viele weitere Gespräche ausführlich mitbekommen, auch meinen Besuch in Lwiw/Lemberg.

Lwiw

Irgendwie bin ich jetzt raus aus der Gefahrenzone, geht mir durch den Kopf. Irrtum. Die Russen greifen dieses Atomkraftwerk mit elf Drohnen an.

Zelensky confirmed Khmelnitsky NPP was targeted in last night’s attack. Despite downing all 11 drones, fallen debris caused damage. Approx 2,000 households in Slavuta and Netishyn are without electricity. Russia persists in violating nuclear security norms with total impunity.

(Zelensky bestätigte, dass das AKW Chmelnizkij Ziel des Angriffs in der vergangenen Nacht war. Obwohl alle 11 Drohnen abgeschossen wurden, verursachten herabfallende Trümmerteile Schäden. Etwa 2.000 Haushalte in Slavuta und Netishyn sind ohne Strom. Russland verstößt weiterhin ungestraft gegen die Normen für nukleare Sicherheit.)

BBC dazu: A Russian drone attack on western Ukraine likely targeted a nuclear power plant, President Volodymyr Zelensky says.

Iranian-designed Shahed drones struck the area around the power plant in the western Khmelnytsky region early on Wednesday, he said. The attack injured 20 people and caused light damage, including broken windows. The International Atomic Energy Agency (IAEA) said the plant’s operations were unaffected. „Powerful explosions shook an area near Ukraine’s Khmelnytsky Nuclear Power Plant,“ IAEA Director General Rafael Grossi said in a statement. The blasts highlight „the dangers to nuclear safety“ posed by the war, he added. The Khmelnytsky plant has two reactors. One is operating and one has been in planned outage since August. Fears of fighting affecting a nuclear power plant have been omnipresent since Russia first invaded Ukraine in February 2022.

(Er sagte, dass iranische Shahed-Drohnen das Gebiet um das Kraftwerk in der westlichen Region Chmelnyzky am frühen Mittwoch angegriffen hätten. Der Angriff verletzte 20 Menschen und verursachte leichte Schäden, darunter zerbrochene Fenster. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) erklärte, der Betrieb des Kraftwerks sei nicht beeinträchtigt worden. „Starke Explosionen erschütterten ein Gebiet in der Nähe des ukrainischen Kernkraftwerks Chmelnyzkij“, sagte IAEO-Generaldirektor Rafael Grossi in einer Erklärung. Die Explosionen verdeutlichen „die Gefahren für die nukleare Sicherheit“, die der Krieg mit sich bringt, fügte er hinzu. Das Chmelnyzky-Kraftwerk hat zwei Reaktoren. Einer ist in Betrieb, der andere befindet sich seit August in einem geplanten Stillstand. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 ist die Befürchtung allgegenwärtig, dass die Kämpfe ein Kernkraftwerk in Mitleidenschaft ziehen könnten.)

Wir sind durch die gute Flugabwehr der Ukrainer möglicherweise an einer nuklearen Katastrophe vorbeigeschlittert. Kaum jemand in Deutschland hat das mitbekommen. Ich bin in jener Nacht in der Nähe des Atomkraftwerks vorbeigefahren.

Gleich am Wochenende in Berlin sehe ich auf dem ukrainischen Filmfestival die Dokumentation an, die der ukrainische Kameramann und Filmemacher Mstyslav Chernov für Associated Press AP gemacht hat 20 DAYS IN MARIUPOL. Ich vermute, er wird dafür bald einen Oskar erhalten. Es ist der härteste Film, den ich je in meinem Leben gesehen habe. Chernov ist in Mariupol geblieben, als die Russen kamen, hat Sanitäter begleitet, Menschen in der Stadt interviewt, die Kamera nie abgestellt, sondern draufgehalten, dokumentiert. Der Film kommt am 20. November 2023 raus.

Hier ist der Trailer von 20 DAYS IN MARIUPOL

Dieser Film hält mir vor Augen, dass ich zwar mit eigenen Augen gesehen und auch gespürt habe, welche Folgen der Krieg für die Menschen und das Land hat. Aber ich war nicht im Krieg. Ich habe nicht das erlebt, was die Soldatinnen und Soldaten in ihrem heroischen Kampf gegen die Russen mitmachen. Diesen Film könnte man sich antun, auch wenn man nicht in die Ukraine fährt. Russia is a terrorist state. Slava Ukrajni.

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  1. Ukraine – Alltag im Krieg, Oktober 2023 – Wieland Giebel
  2. Besuch beim Bruder des Kommandanten der Schlangeninsel, der verschollen ist – Wieland Giebel

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